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Jüngst blockierten Aktivisten der „Letzten Generation“ die Zufahrt zum BER. Gerechtfertigt?

© Foto: Imago/LGPB

Buschmann vs. „Letzte Generation“: „Ich bin hier, um den Rechtsstaat zu verteidigen“

Der Bundesjustizminister diskutierte bei „Anne Will“ über die Taten radikaler Klimaaktivisten. Eine befürchtete Fünf-gegen-Eine-Runde blieb aus.

Gut, eine Talkshow muss nicht schiedlich-friedlich enden. „Anne Will“ am Sonntagabend endete mit einer gewaltigen Kakophonie. Marco Buschmann, Bundesjustizminister von der FDP, und die „Zeit“-Korrespondentin Petra Prinzler gerieten bei der Frage in die Haare, ob ein Tempolimit dem Klimaschutz nutzt oder nicht.

Beide versuchten, sich gegenseitig durch permanentes Weiterreden wenigstens zum Schweigen zu bringen. Das gelang nicht, auch Moderatorin Anne Will nicht – aber weil der Redestreit quasi schon in die „Tagesthemen“ hineinragte, beendete deren Moderatorin Caren Miosga in Hamburg die Diskussion in Berlin.

Was in den fast 60 Minuten zu hören und zu erleben war, war hörens- und erlebenswert. Es hätte eine Fünf-gegen-Eine-Runde werden können, tatsächlich bot der Talk eine Aufklärung über vorhandene, sehr gegensätzliche Positionen.

Carla Hinrichs, Sprecherin der radikalen Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“, führte mit Verve vor, was es mit Blockaden und Attacken zu erreichen gilt: eine Umkehr in letzter Minute von einer Klimapolitik, die schon bis Mitte des Jahrhunderts zu einer nicht mehr lebenswerten, nicht mehr überlebensfähigen Erde führt. Da brauche es solche Aktionen, um den Menschen, namentlich den Politikern die Augen zu öffnen. Ohne Zweifel: Die „Letzte Generation“ wird weiter radikal agieren.

Justizminister Buschmann betonierte seine Position von Beitrag zu Beitrag fester: „Ich bin hier, um den Rechtsstaat zu verteidigen.“ Die Aktionen der „Letzten Generation“ liefen auf Nötigung hinaus, man setze ein Anliegen – sei es auch noch so begrüßenswert – nicht gegen Recht und Gesetz durch. So wahr, so klar.

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Für die Jurastudentin Hinrichs war dies kein Argument zur Einsicht: Politik und Regierung agierten beim Klimaschutz auf fundamental falschem Weg. Widerstand sei machbar, radikal dürfe er sein – wie anders agieren denn die Verharmloser und Negierer?

Auch der Staat kann radikal, jedenfalls in Bayern. Innenminister Joachim Herrmann verteidigte das Vorgehen, Klimaaktivisten nach jeder Aktion für bis zu 30 Tagen in Gewahrsam zu nehmen. Die jetzt 13 Einsitzenden hätten schon angekündigt, sich auch nach der Haft wieder auf Straßen festkleben zu wollen.

Buschmann missfällt bayerische Strategie

Selbst Buschmann, diesem eisernen Ritter des Rechtsstaates, geht Bayern zu weit. Geldstrafen nach Tagessätzen täten es auch. Die Einladung von Joachim Herrmann bei „Anne Will“ bot den meisten in der Runde auch die nötige Angriffsfläche, um vorzuführen, wie ungenügend Bayern in Sachen erneuerbare Energien agiert. Herrmann versprach Abhilfe. Mal sehen.

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Wieder und wieder waren Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Runde bemüht, eine Verbindung zu den „frustrierenden“ Ergebnissen der Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten herzustellen. Das gelang nur ganz selten, die Weltklimapolitik zeigte sich als innerdeutsche Klimapolitik.

Die „Zeit“-Journalistin Petra Pinzler betonte, die Bundesregierung breche Recht, wenn die Klimaschutzziele nicht erreicht würden. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt erinnerte daran, dass jede Klimapolitik vor dem Zielkonflikt stehe, ob weniger Wohlstand von der Bevölkerung wirklich akzeptiert werde – und führte das strittige Thema des Tempolimits in die von Anne Will umsichtig geleitete Runde ein.

Die Deutschen jedenfalls, so zeigten Umfragen, sehen die Bundesregierung beim Thema als zu zaghaft an, umgekehrt gehen 83 Prozent die Aktionen der „Letzten Generation“ zu weit. Das Ziel ist klar, der Weg unklar.

Was diese Ausgabe von „Anne Will“ auch zeigte: Es ist ein konstruktiver Dialog möglich, aus Sprechen und Zuhören, aus Rede und Gegenrede. Selbst wenn das Finale wie ein Dementi wirkte. Und klar ist auch: Dieses Thema wird die Talkshows so schnell nicht wieder verlassen. Das kann die „Letzte Generation“ schon mal als ihren Erfolg verbuchen.

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