Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will das überraschende Veto der Polizei im Südwesten gegen die bundesweite Studie zu Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizisten nicht einfach hinnehmen. Klar sei: "Wir wollen, dass diese Studie gemacht wird", sagte Kretschmann. Er wolle jetzt klären lassen, ob der Hauptpersonalrat der Polizei tatsächlich die Möglichkeit habe, die Teilnahme der Beschäftigten der Polizei an der Studie zu blockieren. "Das kann ich mir nicht vorstellen", sagte Kretschmann.

Der Hauptpersonalrat hatte sich dagegen ausgesprochen, dass ein Onlinefragebogen der Deutschen Hochschule der Polizei an die Dienststellen verteilt wird. Eine Sprecherin des Innenministeriums bestätigte entsprechende Informationen der Stuttgarter Zeitung. In fast allen anderen Bundesländern ist die vom Bund initiierte Befragung schon abgeschlossen – nur in Hamburg hat sich ebenfalls der Hauptpersonalrat dagegen entschieden.

In Baden-Württemberg wollte die Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa die Personalvertretung unbedingt einbinden, um die Akzeptanz unter den Beschäftigten zu erhöhen. Ein echtes Mitbestimmungsrecht habe der Hauptpersonalrat aber nicht. Die Teilnahme an der Umfrage wäre für alle Beamtinnen und Beamten freiwillig gewesen.

Polizeigewerkschaft zweifelt Unabhängigkeit der Studie an

Rainer Wendt, Bundeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, hält das Nein für nachvollziehbar. Personalräte seien nicht dazu da, den Willen der Politik zu exekutieren, sagte Wendt. Zudem gebe es Zweifel an der Unabhängigkeit der Studie der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Die Polizei habe "die Nase gestrichen voll von diesen ganzen Rassismusstudien, die nichts anderes als den Zweck verfolgen, die ohnehin bei vielen vorhandene Auffassung zu bestätigen, dass die Polizei eine rassistische Schlägerbande sei", sagte Wendt.

Die Hochschule in Münster teilte mit, man sei von der Absage durch den Hauptpersonalrat nach einem halben Jahr überrascht worden. "Wir bedauern, dass wir nicht gefragt worden sind", sagte Mitautor Jochen Wittenberg. In fast allen Ländern sei die Befragung abgeschlossen, in NRW und bei der Bundespolizei soll sie im Juli enden. Berlin werde etwas später nachliefern. Wittenberg geht davon aus, dass die Ergebnisse bei der nächsten Konferenz der Innenminister Ende November vorgestellt werden sollen. 

Die Studie geht auf den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zurück, der damit auf Forderungen reagierte, strukturellen Rassismus und Rechtsextremismus in der Polizei zu untersuchen. Eine auf dieses Thema zugeschnittene Studie lehnte Seehofer damals ab, weil er dadurch eine Vorverurteilung der Polizei sah. Er bestand darauf, den Studienauftrag deutlich weiter zu fassen.