22.12.2003


Henryk M. Broder entgleist:ein demagogisches, rechtsstaatliches Desaster als Weihnachtsgeschenk des SPIEGEL

Die - Zitat - Gutmenschen Claudia Roth und Außenminister Fischer geraten unter die Räder von Henryk M. Broders Entgleisung, und all diejenigen, die sich gegen die Todesstrafe aussprechen, gleich mit. Was reitet den SPIEGEL, dass nun übelste Polemik, deren Niveau nur als unterirdisch oder peinlich bezeichnet werden kann, zum Abdruck freigegeben wird? Man ist sprachlos, wenn man den Artikel liest. Hier wird auf eine bodenlose Art und Weise der Leser durch schiefe Bilder und bewusst einseitige Argumentation funktionalisiert, auf dass dieser sich sein Urteil bilden möge: Warum denn nicht in diesem Falle die Todesstrafe? Henryk M. Broder ist sich zu fein für diesen Schluss. Schade. Das wäre doch einmal eine klare Aussage, nun muss man sich durch unendlich viele Zeilen quälen, in denen Claudia Roth gleich mehrfach eine ausgewischt bekommt, aber auch der Bundeskanzler, die Sprecherin von amnesty international und nahezu jeder, der nicht Henryk M. Broders absurdes Verständnis von Strafe trifft. Wenn ich Broder richtig verstehe, darf man nur dann gegen die Todesstrafe sein, wenn man sich selbst einmal dem Tod ausgesetzt hat. Um die Emotionen hochkochen zu lassen, wird zur Sicherheit noch Egon Krenz angeführt und dem Leser vorgegaukelt, dass es in der Logik der Justiz keiner Strafe bedürfe, sofern das Risiko einer Wiederholung nicht (mehr) bestehe. Dass die Strafe erstens noch ganz andere Strafzwecke zu bedienen hat – so denjenigen der positiven Generalprävention – und das Gesetz zwingend einen bestimmten Strafrahmen vorsieht, innerhalb dessen die Strafe zu liegen hat, lernt man im ersten Semester an der Uni. Henryk M. Broder hat hier offensichtlich gefehlt.
Ansonsten soll der Beitrag wohl witzig sein, wenn Broder auf Fehlentwicklungen der Gesellschaft hinweist und empfiehlt, Saddam solle in der Zelle Aufnahmen von Claudia Roth beim Parteitag der Grünen vorgespielt werden. Statt solcher nicht witziger, sondern peinlicher Bemerkungen sollte Henryk M. Broder einen Crashkurs im Strafrecht belegen und sich fragen, ob er nicht billigste populistische Vorurteile in dem Sinne bedient, dass die Schonung des Täters noch immer Vorrang vor den Opfern habe. Nein, es ist nicht so, gleichwohl gelten die rechtsstaatlichen Prinzipien eben auch für den Täter. Wenn einer hier das Wort „Moral“ nicht in den Mund nehmen sollte, dann ist es Henryk M. Broder. Ein schlimmes Weihnachtsgeschenk des SPIEGEL, bei dem einem, zumindest mir, schlecht wird.