24.07.2023


Jurcoach wird flügge

Von Prof. Dr. Roland Hefendehl

Jurcoach tritt mit dem Ziel an, für die Studierenden ohne jede Zugangsbeschränkung eine auf den Erkenntnissen der Lehr-Lernforschung basierende digitale Plattform zum Erfassen, Vertiefen und Rekapitulieren des Strafrechts zur Verfügung zu stellen. Sie ist so strukturiert, dass es einerseits durch die Studierenden im Zusammenspiel mit dem LSH-Team problemlos erweitert werden kann, andererseits vermag der LSH auf Vorschläge der Studierenden hin neue Tools zu schaffen. In das digitale Lernangebot eingebunden sind, der Idee des Blended Learning folgend, persönliche Rückkoppelungsmöglichkeiten mit dem Angebot einer individuellen Korrektur.

Das Studierendenvorschlagsbudget (SVB) wiederum tritt mit dem Ziel an, die Qualität von Studium und Lehre zu sichern. Es wird allein auf Vorschlag der Studierenden vergeben und soll nicht etwa eine der Kernaufgaben der Universität, die Lehre, mitübernehmen.

Dies folgt schon daraus, dass das SVB im Jahr 2015 aus den ehemaligen Qualitätssicherungsmitteln hervorgegangen ist, die zuvor eine Grundlage für die Finanzierung der Qualitätssicherung von Studium und Lehre geboten haben. 88 % dieser Qualitätssicherungsmittel flossen allerdings direkt in den Grundhaushalt der Universität und sind somit nicht mehr für Studium und Lehre zweckgebunden. Dieser Verlust an Mitsprachemöglichkeiten kann umgekehrt nur bedeuten, dass das SVB nach den Vorstellungen der Studierenden nicht für die Lehre als Kernaufgabe der Fakultät, sondern eben für die Verbesserung von Studium und Lehre zu verwenden ist.

Könnten Zielsetzung von Jurcoach und SVB nicht gut zueinanderpassen? Wir hatten jedenfalls diese Vorstellung, wurden allerdings in den vergangenen zwei Wochen eines Besseren belehrt.

So schmierte das Paket, in dem sich unser Antrag auf eine Teilunterstützung durch eine studentische Hilfskraft (20 h/Monat), eine wissenschaftliche Hilfskraft (20 h/Monat) und eine Informatikstudentin (15 h/Monat) ebenso wie etwa die umfassende Förderung eines Mental-Skills-Programms für Studierende wiederfand, ab, zum Zuge kam vielmehr ein weiterer Vorschlag, bei dem uns die wissenschaftliche Hilfskraft (WHK) gestrichen und beim Mental-Skills-Programm auf Kante genäht wurde, nicht aber umgekehrt bei den Verfügungsmöglichkeiten für das Dekanat und einem Fonds für Exkursionen, Moot Courts, Bücher und Weiteres.

Warum lediglich eine Teilunterstützung? Weil der Lehrstuhl ohne jegliche Verpflichtung bereits 63 % der Personalkosten für dieses Projekt übernimmt. Aber genau dies sollte der Ausgangspunkt einer Vielzahl kurioser Einwände gegen Jurcoach sein. So stünden doch erhebliche Mittel zur Verfügung, der Mehrwert einer WHK sei nicht recht ersichtlich. Was hätte RH gleich noch machen sollen, nachdem er die in letzter Zeit realisierten Arbeiten für Jurcoach ebenso wie die aus Studierendenwünschen gespeisten neuen Pläne vorgestellt hatte? Hätte es einer eidesstattlichen Versicherung bedurft, dass die Dienstverträge ordnungsgemäß und allein im Sinne des Projekts erfüllt worden sind und erfüllt werden sollen und dass bei motiviertem und qualifiziertem Personal natürlich jede Stunde dem Projekt zugutekommt? Ist es nicht ein Indiz für die Notwendigkeit des Umfangs, wenn RH Lehrstuhlmittel zusätzlich in dieses Studierendenprojekt unter Abwägung mit anderen Optionen investiert?

Egal, aber es profitieren ja auch Leipziger und Münsteraner Studierende davon. Das ist der Klassikereinwand, der durch fortwährendes Wiederholen nicht weniger abwegig wird. Wir setzen in transparenter Weise und aus Überzeugung auf Open Source und Kollaboration, für die jede Beschränkung auf einen bestimmten Kreis von Nutzer:innen das Ende bedeuten würde. Wir wissen um die besondere Affinität der Freiburger Studierenden zum anspruchsvollsten Modul „Falltraining“. Und es wäre uns neu, wenn der uneingeschränkte Nutzen für Freiburger Studierende durch denjenigen für Dritte gefährdet wäre. Es ist uns gerade ein kommuniziertes besonderes Anliegen, im auf Ellbogen angelegten Jurastudium solidarische wechselseitige Unterstützung zu fördern.

Was ist mit Drittmitteln, was ist mit Werbung? Wir kommen gerade aus einem dreijährigen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung umfangreich geförderten Projekt, in dem wir die Forschung vorangetrieben haben, welche Faktoren Kollaboration befördern und welche Auswirkungen eine solche auf den persönlichen Lernerfolg hat. Auch für Freiburger Studierende? In der Tat: Auch für Freiburger Studierende. Die Breitseite – ebenfalls Gegenstand der Sitzung – ist werbefrei und wir sind es auch. Wir stehen für ein wissenschaftlich fundiertes Hochschulprojekt.

Aber es gab sogar Kritik, die nicht gegen Jurcoach gerichtet war: So hatte der akj im Vorfeld der Vergabesitzung grundlegende Bedenken gegen das vom Dekanat für Kernaufgaben der Lehre vereinnahmte Studierendenvorschlagsbudget geäußert. Sei es nicht ein Widerspruch, wenn sich das Dekanat der Examensvorbereitung rühme, deren Finanzierung aber auf das jedes Jahr neu zu beantragende und damit unsichere SVB gründe? Verweise man nicht im Imagefilm auf die digitale Lehre, die aber an der Fakultät doch im Wesentlichen durch Jurcoach repräsentiert werde?

https://strafrecht-online.org/akj-svb-angst

Das seien gar wichtige Fragen, die man aber eher zusammenfassend am Ende erörtern wolle. Aber just dieses gestaltete sich dann kurios, ein weiteres Mal. Das Dekanat verwies knapp darauf, sie habe das Geld für die Kernaufgaben der Lehre eben leider nicht. Den teilnehmenden Studierenden war plötzlich das eigene Wohlergehen weit wichtiger als das Mental-Skills-Programm für ihre Mitstudierenden, mit einigen juristischen Winkelzügen aus allen Kreisen der Studierenden, die eindrucksvoll bewiesen, dass ihre Studienwahl weise war, wurde ein rasches Ende ohne weitere Aussprache forciert und mit 47 zu 37 Stimmen Mental Skills und Jurcoach durch Studierende auf Antrag eines Studierenden rasiert. Was für ein grandioses Finale.

Epilog: Jurcoach hatte im Juni 52.000 Zugriffe. Jurcoach ist ein kollaboratives Studierendenprojekt, das aber der fortwährenden Unterstützung und Weiterentwicklung durch den LSH bedarf. Ein Stillstand und eine nicht hinreichende Pflege des Bestands bedeuten bei digitalen Plattformen unweigerlich das Ende. Jurcoach ist also kein Perpetuum mobile. Der für das Projekt berechnete Mindestbedarf bei Berücksichtigung der Lehrstuhlreserven ist nicht mehr gesichert. Es fehlen 5.400 €.

Jurcoach wird also im nächsten Jahr flügge werden. Jeder wird wieder zu seinem eigenen Coach. Eine neue Chance, zur Nachbarin eine Bücherwand zu errichten, damit sie nicht abschaut. It´s time to save – wen schert es schon groß, wenn die Materialien bald nicht mehr aktuell sein werden.


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