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Vortragsreihe TACHELES
„Das Versprechen der direkten Demokratie“
Referent
Veranstaltungsbeschreibung
8. Mai 2012, 20 Uhr s.t., Kollegiengebäude I – Raum 1098
Ca. 50 Zuhörerinnen und Zuhörer waren gekommen, um Frau Professor Ingeborg Villinger und Herrn Professor Uwe Wagschal bei ihrem Gespräch über die Vor- und Nachteile direkt-demokratischer Elemente zu folgen und anschließend mit ihnen zu diskutieren.
Zunächst begann Frau Villinger mit einem ca. 25-minütigen Input, in dem sie die Vorteile einer repräsentativen Demokratie ins Zentrum ihrer Betrachtungen stellte. Sie vertrat die These, dass nur die repräsentative Demokratie den Willen der Bevölkerung in legitimer Weise umsetzen kann. Wird eine Entscheidung direkt durch Volksabstimmung herbeigeführt, so würde der „Volkswillen“ bereits durch die Art und Weise der Abfrage verformt werden, Elitestrukturen würden noch stärkere Entscheidungsrelevanz erhalten und es fände eine Segmentierung statt, da sich die politisch relevanten Interessen in Konkurrenz mit anderen Interessen befänden. Die zur Abstimmung gestellten Themen würden daher nur von einer kleinen interessierten Minderheit befördert werden. Schließlich müsse auch eine Abstimmung repräsentativ organisiert werden. Hierbei erfolge die Austragung von Konflikten verdeckt im Vorfeld der Abstimmung selbst, etwa bei der Aushandlung einer konkreten Fragestellung. Offener und lebhafter Diskurs, wie bei der repräsentativen Demokratie, ginge verloren.
Herr Wagschal setzte dagegen, es sei ein Irrglaube, dass Abgeordnete kompetenter seien. Vielmehr sei die Fehleranfälligkeit bei einer großen Gruppe geringer, was auch als Weisheit der Masse bzw. Schwarmintelligenz bezeichnet wird. Schlechte Entscheidungen in der Geschichte waren zumeist Entscheidungen von Repräsentanten. Zu einem häufig behaupteten Systemzusammenbruch durch regelmäßige Volksabstimmungen komme es nicht. Dies zeigen die Erfahrungen aus Weimar, der Schweiz und auf der Landes- und Kommunalebene in Deutschland. Wagschal sprach sich dafür aus, dass jedenfalls bei wichtigen Entscheidungen das Volk unmittelbar mitreden können müsse. Von besonderer Bedeutung seien dabei die Instrumente und die Ausgestaltung der Mitbestimmung.
Bereits bei den Vorträgen und vor allem in der anschließenden Diskussion auf dem Podium und mit dem Plenum wurde klar, dass die von Villinger und Wagschal vertretenen Positionen gar nicht so weit auseinander liegen. Beide sehen zu repräsentativen Elementen in einer Demokratie keine Alternative. Und beide wollen die repräsentative Demokratie ergänzen durch Instrumente der direkten Demokratie. Allein der wünschenswerte Umfang und die konkrete Ausgestaltung werden unterschiedlich beurteilt. Wichtig ist es dabei vor allem, dass auch bei Volksabstimmungen Minderheitenrechte geschützt werden und der Einfluss von Interessensgruppen begrenzt wird, beispielsweise durch das Verbot der Finanzierung der Kampagnen durch Unternehmen.