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Verdeckungsmord durch Unterlassen







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Verdeckungsabsicht; Mordmerkmal; § 211; Mord; Unterlassen; Handlungszweck; Vortat


Problemaufriss


Nach der gängigen Definition handelt der Täter mit Verdeckungsabsicht, wenn es ihm darauf ankommt mittels der Tötungshandlung entweder die Aufdeckung der Vortat oder bei bereits entdeckter Tat zumindest die Aufdeckung der Täterschaft zu verhindern. Umstritten ist dabei jedoch, ob das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht auch durch bloßes Unterlassen verwirklicht werden kann.


Problembehandlung


Frühere Rspr.: Die frühere Rspr. ging grundsätzlich von einem Mord in Verdeckungsabsicht nur durch aktives Tun aus. In einem Unterlassen liege kein "Verdecken", sondern nur ein "Nichtaufdecken" (BGH NJW 1955, 876 (877)).


Kritik: Die Ansicht wird insbesondere damit begründet, dass es an der nach § 13 StGB erforderlichen Äquivalenz fehlt, da ein bloßes Unterlassen nicht gleichermaßen verwerflich sei wie die aktive Verdeckung. Die Entsprechungsklausel bezieht sich jedoch nur auf das Verhaltenselement, nicht hingegen auf die täterbezogene innere Absicht (MüKo StGB/Schneider, 4. Aufl. 2021, § 211 StGB Rn. 250).


Heute sind zwei Konstellationen von einander zu trennen:

1. Unterlassene Rettungsbemühung nach vorausgegangener Tat (z.B. Körperverletzung\\, Vergewaltigung\\, Autounfall)


Hier nimmt die h.M. an, dass die Tatbegehung auch durch Unterlassen möglich ist. Gerade der Tod des Opfers dient als Mittel zur Verdeckung der Straftat. Durch diesen Wechsel von bspw. Körperverletzungsvorsatz zu Tötungsvorsatz liegt die notwendige Zäsur für eine "andere Straftat". (BGH NStZ 2015, 639, 640)


2. Unterlassene Rettungsbemühung nach vorausgegangenem\\, vorsätzlich gegen das Leben gerichtetem Angriff

Ansicht 1: Hier liegt nach h.M. kein Verdeckungsmord durch Unterlassen vor, da hier keine "andere Straftat" vorliegt und der Täter somit auch kein anderes Ziel verfolgt. (Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 47. Aufl. 2023, Rn. 79; BGH NJW 2003, 1060 (1061); BGH NStZ 2017 342, (344 f.))


Kritik: Diese Ansicht würde zu einer Besserstellung des Täters führen, dessen Vorsatz von Anfang an auf die Tötung gerichtet war. Denn sofern solch ein Vorsatz nicht vorliegt, ist in Fällen der 1. Konstellation von einem Verdeckungsmord auszugehen, ist hingegen schon von Anfang an ein Tötungsvorsatz gegeben, so kommt es nur zu einer Bestrafung wegen Totschlags. Das ist mit der Ratio des Mordmerkmals nicht vereinbar. (Hoven, NStZ 2017, 345)


Ansicht 2: Ein Unterlassen der Rettungsbemühung kann unabhängig von der Art der vorherigen Handlung zu einem Verdeckungsmord führen. (Hoven, NStZ 2017, 345)


Kritik: Es wird lediglich unterlassen, eine durch vorausgegangenes positives Tun in Gang gesetzte Kausalkette zu unterbrechen. Das kann keine "andere Straftat" darstellen. (BGH NStZ 2017 342, (344 f.))




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Die Seite wurde zuletzt am 8.4.2024 um 8.24 Uhr bearbeitet.



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