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Vollendung der Wegnahme

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### Tags Gewahrsam; Begründung neuen Gewahrsams; Vollendung; Gewahrsamsenklave ### Problemaufriss Die Wegnahme ist vollendet, wenn der Täter fremden Gewahrsam gebrochen und neuen, nicht notwendig eigenen Gewahrsam begründet hat (<em>Wessels/Hillenkamp</em>\*/Schuhr\* Strafrecht BT II, 42. Aufl. 2019, Rn. 111). Fraglich ist, wann neuer Gewahrsam begründet wird und damit die *Vollendung* eintritt. Sie ist freilich von der *Beendigung* zu unterscheiden, die erst erreicht wird, wenn der neu begründete Gewahrsam in gewisser Weise gesichert und gefestigt ist (BGHSt 20, 194, 196). ### Problembehandlung Nach dem faktischen Gewahrsamsbegriff (<em>Wessels/Hillenkamp/Schuhr</em>Strafrecht BT II, § 2 Rn. 122) begründet der Täter neuen Gewahrsam, wenn er die tatsächliche Herrschaft über eine Sache erlangt und ihrer Ausübung keine wesentlichen Hindernisse mehr entgegenstehen. Somit kommt es vor allem auf die Umstände des Einzelfalls und die Verkehrsanschauung an. Der Zeitpunkt der Begründung neuen Gewahrsams ist vor allem in Fällen problematisch, in denen der Täter sich noch im Machtbereich des Gewahrsamsinhabers befindet (<em>Rengier</em> Strafrecht BT I, 22. Aufl. 2020, § 2 Rn. 44 ff.). Es kann zwischen verschiedenen Fallgruppen unterschieden werden: **Fallgruppe 1 – Gewahrsamsenklave:** Bei kleinen, leicht fortzuschaffenden Gegenständen kann der Täter trotz Aufenthalt im fremden Gewahrsamsbereich (also in der Regel im Laden) bereits durch Verstecken der Sache unter der Kleidung oder in einer mitgeführten Tasche, unter Umständen sogar durch bloßes Ergreifen neuen alleinigen Gewahrsam begründen, soweit hierdurch nach der Verkehrsauffassung der bisherige Gewahrsam beseitigt wird. Der Gegenstand befindet sich dann in der Körpersphäre des Täters, bei der es sich hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts um einen Tabubereich handelt. Der ursprüngliche Gewahrsamsinhaber müsste zur Wiedererlangung in diesen eingreifen und dabei erfahrungsgemäß mit besonderen Widerständen rechnen. Der Täter hat eine sog. Gewahrsamsenklave geschaffen (<em>Rengier</em> Strafrecht BT I, § 2 Rn. 47 ff.). **Fallgruppe 2 – Andere Fälle im Laden:** Werden die Gegenstände nicht verborgen, hat also der Täter keine Gewahrsamsenklave gebildet, findet der Gewahrsamswechsel spätestens mit dem Verlassen der fremden Gewahrsamssphäre statt, kann aber nach der Verkehrsauffassung bereits früher, beispielsweise mit Verlassen des Kassenbereichs, erfolgen (<em>Wessels/Hillenkamp</em>\*/Schuhr\* Strafrecht BT II, § 2 Rn. 128; *Rengier* Strafrecht BT I, § 2 Rn. 51 ff.). **Fallgruppe 3 – Außerhalb des Ladens:** Auch in Wohnungen oder anderen Bereichen sind die Grundsätze der Gewahrsamsenklave entsprechend anzuwenden. Dabei wird spätestens mit Verlassen der Wohnung, des Grundstücks, umzäunten Geländes, etc. neuer Gewahrsam begründet (<em>Rengier</em> Strafrecht BT I, § 2 Rn. 57). **Fallgruppe 4 – Verstecken:** Wenn der Täter den Gegenstand im Machtbereich des Gewahrsamsinhabers versteckt, wird noch kein neuer Gewahrsam begründet, solange der Täter um Zugriff auf die Beute zu haben, fremdes Hausrecht verletzen muss und dabei die Gefahr besteht, entdeckt zu werden. Dann stehen der Ausübung der Sachherrschaft wesentliche Hindernisse im Wege (<em>Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf</em> Strafrecht BT, 3. Aufl. 2015, § 13 Rn. 60). Wenn der Täter die Sache jedoch so versteckt, dass er selbst freien und ungehinderten Zugriff auf die Sache hat, wird eine dem Tabubereich ähnliche Gewahrsamsenklave geschaffen. Der Ausübung der Sachherrschaft stehen keine wesentlichen Hindernisse mehr im Wege. Damit hat der Täter neuen Gewahrsam begründet (<em>Rengier</em> Strafrecht BT I, § 2 Rn. 58 f.). **Fallgruppe 5 – Gewahrsamslockerungen:** Wird dem Täter eine Sache lediglich für einen kurzen Zeitraum, beispielsweise zur Anprobe oder Besichtigung, überlassen, wird damit durch den Täter noch kein neuer Gewahrsam begründet: der Gewahrsam des bisherigen Inhabers wird lediglich gelockert. Er wird erst neu begründet, wenn der Täter mit der Sache in Zueignungsabsicht verschwindet. Je nach Einzelfall bedarf es hierbei der Abgrenzung zur Unterschlagung bzw. zum Betrug (<em>Rengier</em> Strafrecht BT I, § 2 Rn. 60 ff.).

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