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Nothilfe

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<h3>Tags</h3> <p>Notwehr; Dritte; Verteidigungshandlung; Verteidigungswille</p> <h3>Problemaufriss</h3> <p>Die Verteidigung muss gem&auml;&szlig;&nbsp;<a href="https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__32.html">&sect;&nbsp;32 II</a>&nbsp;zur Abwendung eines Angriffs von sich oder einem anderen erforderlich sein. Daraus ergibt sich, dass grunds&auml;tzlich nicht nur der Angegriffene selbst, sondern auch jeder Dritte zur Verteidigung berechtigt ist. Die Verteidigung durch Dritte wird allgemein als&nbsp;<strong>Nothilfe</strong>&nbsp;bezeichnet. Da die Nothilfe dem Schutz des Angegriffenen dient, ist ihre Rechtfertigung von dessen Willen abh&auml;ngig (Sch&ouml;nke/Schr&ouml;der/<em>Perron/Eisele</em>&nbsp;StGB, 30.&nbsp;Aufl. 2019, &sect;&nbsp;32 Rn.&nbsp;25/26).</p> <h3>Problembehandlung</h3> <p>Die Nothilfe orientiert sich weitestgehend an den Aufbauregeln der Notwehr &nbsp;(<em>Krey/Esser</em>&nbsp;Strafrecht AT, 6.&nbsp;Aufl. 2016, &sect;&nbsp;14 Rn.&nbsp;568).</p> <ol> <li>F&uuml;r eine&nbsp;<strong>Nothilfelage</strong>&nbsp;ist ein gegenw&auml;rtiger, rechtswidriger Angriff erforderlich. Die Voraussetzungen der Notwehr sind identisch.</li> <li>Die&nbsp;<strong>Nothilfehandlung</strong>&nbsp;muss zudem objektiv erforderlich und normativ geboten sein. Ersteres ist erf&uuml;llt, wenn Geeignetheit und die Anwendung des relativ mildesten Mittels bejaht werden k&ouml;nnen. Die sozialethische Einschr&auml;nkung der Gebotenheit, welche auch die Anwendung des Notwehrrechts beschr&auml;nkt, gilt entsprechend. Hierbei muss der Nothelfer auch die im Falle einer Selbstverteidigung geltenden Einschr&auml;nkungen des Angegriffenen beachten. Hier kommen sozialethische Einschr&auml;nkungen, z.B. der Angriff des Ehepartners&nbsp;oder krasse Missverh&auml;ltnisse zwischen verteidigtem Gut und Schaden beim Angreifer in Betracht (<em>K&uuml;hl</em>&nbsp;Strafrecht AT, 8.&nbsp;Aufl. 2017, &sect;&nbsp;7 Rn.&nbsp;142).</li> <li>Nach vorherrschender Meinung ist ebenfalls ein&nbsp;<strong>subjektives Rechtfertigungselement</strong>&nbsp;erforderlich (vgl. hierzu&nbsp;<a href="../../subj-element/">das entsprechende Problemfeld</a>).<br>Neben dem subjektiven Rechtfertigungselement des&nbsp;<em>Nothilfeleistenden</em>&nbsp;ist auch der Wille zur Notwehr des&nbsp;<em>Verteidigten</em>&nbsp;erforderlich. Im Umkehrschluss folgt, dass wenn sich der Angegriffene nicht verteidigen lassen will, scheidet eine Rechtfertigung des Nothilfeleistenden &uuml;ber&nbsp;<a href="https://dejure.org/gesetze/StGB/32.html">&sect; 32</a>&nbsp;aus. Eine aufgedr&auml;ngte Nothilfe gibt es nicht (<em>Rengier</em> Strafrecht AT, 17. Aufl. 2025, &sect; 18 Rn. 113).</li> </ol> <p><strong>Ansicht 1:</strong>&nbsp;&nbsp;Eine lange Zeit vertretene Auffassung macht eine Ausnahme bei Rechtsg&uuml;tern, bez&uuml;glich derer&nbsp;dem Angegriffenen keine Disposition zustehen soll. Ein Beispiel f&uuml;r diese nicht disponiblen Rechtsg&uuml;ter ist das Leben (<em>K&uuml;hl</em>&nbsp;Strafrecht AT, &sect;&nbsp;7 Rn.&nbsp;143;&nbsp;<em>Roxin</em>&nbsp;Strafrecht AT&nbsp;I, 4. Aufl. 2006, &sect; 51 Rn. 119). In diesen F&auml;llen soll eine Nothilfe auch gegen den Willen des Opfers gerechtfertigt sein.</p> <p><strong>Ansicht 2:</strong>&nbsp;&nbsp;Eine andere, aufstrebende Ansicht lehnt diese Ausnahme ab. Sie&nbsp;betont die&nbsp;Notwendigkeit der vollst&auml;ndigen Bef&uuml;rwortung des verteidigenden Angriff durch das Opfer, indem zwischen einer Einwilligung in die Rechtsgutsverletzung und dem Verbot der zum Schutz erfolgenden Nothilfe differenziert wird (<em>Frister</em>&nbsp;Strafrecht AT, 9. Aufl. 2020, 16. Kapitel Rn. 20). Unterlegt wird diese Auffassung&nbsp;mit dem Beispiel, dass nach ersterer Meinung auch ein Arzt, der gerade dabei ist, einem qualvoll leidenden Patienten auf dessen Bitten hin eine t&ouml;dliche Injektion zu verabreichen, von einem Dritten in einer "Nothilfeaktion" get&ouml;tet werden d&uuml;rfte (<em>Neumann</em>&nbsp;FS Kristian K&uuml;hl, 2014, S. 569, 580). Hier regele&nbsp;<a href="https://dejure.org/gesetze/StGB/216.html">&sect; 216</a>&nbsp;die Folgen der T&ouml;tung, sodass es keines&nbsp;weiteren Schutzes bed&uuml;rfe. Ein weiteres&nbsp;Beispiel ist die aufgedr&auml;ngte Nothilfe, die in den autonomen Entscheidungsbereich des Opfers f&auml;llt, welches seine eigenen Interessen der Rechtsordnung unterstellt. Wenn eine Mutter bei einem lebensbedrohlichen Angriff durch ihren Sohn lieber ihr eigenes Leben opfern m&ouml;chte als das ihres Sohnes und deshalb dem Nothelfer zuruft "Nicht schie&szlig;en!", so hat dieser den Willen der Mutter zu respektieren (<em>Neumann</em> FS Kristian K&uuml;hl, 2014, S. 569, 581).</p>

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