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Kausalitätstheorien







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kausal; ursächlich; conditio-sine-qua-non-Formel; Äquivalenztheorie; Adäquanztheorie; Lehre der gesetzmäßigen Bedingung


Problemaufriss


Für die Verwirklichung des objektiven Tatbestands ist essentiell, dass die Tathandlung Ursache für den Taterfolg war. Hinsichtlich der Anforderungen an diese Kausalität haben sich verschiedene Theorien herausgebildet. Grundsätzlich genügt im Gutachten der Verweis auf die contio-sine-qua-non-Formel, dennoch kann für problematische Konstellationen Kenntnis der anderen Theorien bedeutend sein.


Problembehandlung


Ansicht 1: Nach der herrschenden Äquivalenztheorie (Bedingungstheorie) ist jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, ursächlich (kausal) für den Taterfolg (conditio-sine-qua-non-Formel) (RGSt 1, 373, 374; BGHSt 1, 332, 333; BGHSt 49, 1, 3). Dabei wird jede Bedingung prinzipiell als gleichwertig, also als "äquivalent" angesehen. Unerheblich sei, ob es sich um unmittelbare, mittelbare, typische oder zufällige, auf den Taterfolg auswirkende Kausalitätsfaktoren handelt. Diese weitreichende Ausdehnung der Kausalität könne dann mit einer Beschränkung der Strafbarkeit auf anderen Ebenen (objektive Zurechnung, Vorsatz) sinnvoll wieder eingeschränkt werden (Rengier Strafrecht AT, 15. Aufl. 2023, § 13 Rn. 3 ff.).


Im Falle der Unterlassungsdelikte wird die conditio-sine-qua-non-Formel angeglichen. Die Ursächlichkeit des Unterlassens für den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs ist zu bejahen, wenn die rechtlich erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele (BGHSt 37, 106, 126).


Kritik: Kritisiert wird die weite Ausdehnung der Kausalität: Selbst die Eltern des Mörders setzten dann durch dessen Zeugung eine kausale Bedingung für den Tod des späteren Opfers (Bockelmann/Volk Strafrecht AT, 4. Aufl. 1987, § 13 A V).


Ansicht 2: Nach der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung sei darauf abzustellen, ob Handlung und Erfolg nach den uns bekannten Naturgesetzen üblicherweise miteinander verbunden sind. Eine Bedingung sei also dann ursächlich, wenn sie aufgrund einer gesetzmäßigen Beziehung im konkreten Erfolg tatsächlich wirksam geworden ist (Engisch Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931, S. 21 ff.; Erb JuS 1994, 449, 450; Roxin/Greco Strafrecht AT I, 5. Aufl. 2020, § 11 Rn. 15 ff.; Hilgendorf Jura 1995, 514 f.).


Kritik: Dieser Ansatz schafft es nicht, psychische Veränderungen zu erklären, etwa bei der Anstiftung oder beim Irrtum (LK StGB/Walter, 13. Aufl. 2020, vor §§ 13 ff. Rn. 74; Rengier Strafrecht AT, § 13 Rn. 12).


Ansicht 3: Nach der Adäquanztheorie kann ein Tun oder Unterlassen nur dann als "adäquate" Bedingung für den Erfolgseintritt angesehen werden, wenn die Handlung nach der allgemeinen Lebenserfahrung die generelle Möglichkeit des Erfolgs in nicht unerheblicher Weise erhöht (Bockelmann/Volk Strafrecht AT, 4. Aufl. 1987, § 13 A V 4a). Hierauf baut die Relevanztheorie auf, die für die Ursächlichkeit auf die Aquivalenztheorie abstellt und im zweiten Schritt durch die Adäquanztheorie nach der "Relevanz" der Handlung fragt (vgl. Mezger Strafrecht, 3. Aufl. 1949, S. 122 f.).


Kritik: Die Adäquanztheorie beantwortet keine Fragen der Ursächlichkeit, sondern der Zurechnung, indem sie nicht Eingrenzungen vornimmt, wann eine Handlung kausal ist, sondern wann sie rechtlich bedeutend ist (Roxin/Greco Strafrecht AT I, § 11 Rn. 41). Diese Schwäche erkennt zwar die Relevanztheorie, schafft es jedoch nicht, dafür notwendige Kriterien hinreichend auszubauen (Roxin/Greco Strafrecht AT I, § 11 Rn. 43).















Die Seite wurde zuletzt am 11.3.2024 um 11.38 Uhr bearbeitet.



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