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Auswirkungen des besonders schweren Falls auf das unmittelbare Ansetzen des Grunddelikts







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Regelbeispiel; besonders schwerer Fall; Strafzumessung; Versuch; Schwelle


Problemaufriss


Meistens fallen der Versuchsbeginn des Grunddelikts und der des Regelbeispiels zeitlich zusammen. Fraglich ist jedoch, ob oder wie sich das Regelbeispiel auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens des Grunddelikts auswirken kann.
Während es also in diesem Problemfeld um die Ermittlung des unmittelbaren Ansetzens geht, ist diese Fragestellung nicht mit verschiedenen Konstellationen um die Strafbarkeit des Versuches im besonders schweren Fall zu verwechseln. Siehe zu verschiedenen Kategorien der letzten Fragestellung das entsprechende Problemfeld.


Beispiel: A bricht die verschlossene Eingangstür des Hauses des B auf, der gerade eine Woche im Urlaub ist. A will im Laufe der Woche eine im Haus befindliche Statue stehlen. Als A fünf Tage später zur Tat schreiten will, wird er von der zwischenzeitlich informierten Polizei festgenommen.


Vorliegend wurde durch das Aufbrechen der Eingangstür § 243 I S.2 Nr. 1 erfüllt. Fraglich ist, ob A damit bereits zu §§ 242 I, 22, 23 I angesetzt hat.


Problembehebung


Ansicht 1: Nach früherer Auffassung der Rechtsprechung trete der Täter in das Versuchsstadium des Grundtatbestandes ein, sobald er mit der Verwirklichung eines Erschwerungsgrundes beginnt (OLG Hamm MDR 1976, 155). Solch eindeutige Annahmen lassen sich der ständigen Rechtsprechung nicht mehr entnehmen. Durch die Annahme der Rechtsprechung, Regelbeispiele seien wie Qualifikationen Teil des Tatbestandes, könne der Beginn der Handlung des Regelbeispiels regelmäßig ausreichen, um einen Versuchsbeginn anzunehmen. Das setze jedoch voraus, dass ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung das Grunddelikt vorgenommen wird (siehe dazu zuletzt BGH NJW 2020, 2570).


Beispiel: Nach der früheren Rechtsprechung hätte sich A des versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall strafbar gemacht, nach heutiger Rechtsprechung liegt aufgrund der zeitlichen Zäsur kein unmittelbares Ansetzen vor.


Kritik: Allein die Verwirklichung bloßer Strafzumessungsregeln kann (grundsätzlich) nicht das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung eines Straftatbestandes begründen. Da die Regelbeispiele nicht zum Tatbestand gehören, begründet deren Vornahme auch kein Eintritt in das Versuchsstadium (Münchener Kommentar StGB/Schmitz, 4. Aufl. 2021\, § 243 Rn. 91).


Ansicht 2: Nach der herrschenden Gegenauffassung der Literatur kommt es für den Versuchsbeginn allein auf das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung des Grundtatbestandes des § 242 I, das heißt dem Ansetzen zur Wegnahme, an. Allein die Verwirklichung eines Regelbeispiels kann keine Versuchsstrafbarkeit des Grunddelikts herbeiführen (BeckOK StGB/Wittig, 57. Edition 2023\, § 243 Rn. 31; NK StGB/Kindhäuser/Hoven, 6. Aufl. 2023, § 243 Rn. 49; Münchener Kommentar StGB/Schmitz, § 243 Rn. 91 m.w.N.).


Beispiel:  Vorliegend ist ein unmittelbares Ansetzen des A zum Versuch des Diebstahls im besonders schweren Fall zu verneinen. Aufgrund der langen Dauer von fünf Tagen bis zur eigentlichen geplanten Begehung kann noch keine konkrete Gefährdung für das Eigentum des B angenommen werden. Auch kann sich in dieser Zeit die subjektive Entschlossenheit des A noch ändern. Anders wäre der Fall zu beruteilen, wenn A direkt im Anschluss die Statue mitnehmen wollte.















Die Seite wurde zuletzt am 28.8.2023 um 14.21 Uhr bearbeitet.



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