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Brandlegung, um Versicherungssumme in Anspruch zu nehmen







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besonders schwere Brandstiftung; Versicherungssumme; Versicherungsbetrug; Versicherungsmissbrauch; Ermöglichung; § 306b; § 263; § 265; Inbrandsetzen; Brandlegung


Problemaufriss


Die Vorschrift des § 306b II Nr. 2 löste nach dem 6. Strafrechtsreformgesetz 1998 die Vorschrift des § 307 Nr. 2 a.F. ab. Nach dieser lag eine besonders schwere Brandstiftung vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, die Tat zur Begehung eines Mordes (§ 211), eines Raubes (§§ 249, 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) auszunutzen. Mit § 306b II Nr. 2 wurde die Strafbarkeit deutlich ausgeweitet. Nun muss der Täter lediglich in der Absicht handeln, irgendeine andere Straftat durch die Brandstiftung zu ermöglichen oder zu verdecken. Fraglich ist damit, ob § 306b II Nr. 2 auch den Fall erfasst, dass der Täter ein geschütztes Objekt in Brand setzt, um die Versicherung zu betrügen (und damit regelmäßig § 263 I, III Nr. 2, 5 sowie § 265 erfüllt).


Beispiel: A setzt das Wohnhaus seiner Familie in Brand. Er handelt dabei in der Absicht, sich Leistungen aus der für das Haus abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung zu verschaffen, mit denen die Neuerrichtung des Gebäudes finanziert werden soll. Die Gebäudeversicherung leistet später auf Antrag des A 200.000 € für den Wiederaufbau des bis auf die Grundmauern niedergebrannten Gebäudes.


Problembehandlung


I. Einbeziehung von § 265 in die Ermöglichungsvariante


Fraglich ist zunächst, ob § 265 eine taugliche Straftat ist, deren beabsichtigte Ermöglichung für § 306b II Nr. 2 ausreicht. § 265 stellt den Versicherungsmissbrauch unter Strafe. Tathandlung des § 265 ist bereits das Beschädigen, Zerstören oder die Brauchbarkeitsbeeinträchtigung des Tatobjekts. Demnach kann § 265 schon dem Wortlaut nach keine andere Straftat sein (Fischer StGB, 65. Aufl. 2018, § 306b Rn. 10a; Münchener Kommentar StGB/Radtke, 2. Aufl. 2014, § 306b Rn. 16; Leipziger Kommentar StGB/Wolff, 12. Aufl. 2008, § 306b Rn. 22; BGH NJW 2007, 2130 f.).


II. Einbeziehung von § 263 I, III Nr. 2, 5 in die Ermöglichungsvariante


Nach dem Wortlaut des § 306b II Nr. 2 führt eine Brandstiftung in der Absicht, einen Betrug zu begehen, dazu, dass ein besonders schwerer Fall vorliegt und ein Strafrahmen mit einer Mindeststrafe von 5 Jahren eröffnet wird. Die §§ 263 I, III Nr. 2, 5 und § 265 bedrohen dieselbe Tat jedoch nur mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn respektive bis zu drei Jahren. Es liegt eine erhebliche Strafrahmendivergenz vor (MK/Radtke, § 306b Rn. 18).


Ansicht 1: Einige Stimmen wollen daher den Tatbestand des § 306b II Nr. 2 einschränken. Es soll entweder die enge räumlich-zeitliche Verbindung zwischen Brand und Folgetat aus der Rspr. zum alten § 307 Nr. 2 a.F. übernommen werden (Nomos Kommentar StGB/Kargl, 5. Aufl. 2017, § 306b Rn. 8) oder die durch den Brand entstandene spezifische Gefahr (z.B. Rauchentwicklung, Panik etc.) muss für die Folgetat durch den Täter ausgenutzt werden (Fischer StGB, § 306b Rn. 9; Schönke/Schröder/Heine/Bosch StGB, 29. Aufl. 2014, § 306b Rn. 10; Rengier Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 40 Rn. 52).


Kritik: Hier wird der Grund der Strafschärfung übersehen. Dieser liegt im gesteigerten Intentionsunwert gegenüber dem Grunddelikt, da der Täter seine Interessen auf besonders gefährliche und rücksichtslose Art und Weise verwirklicht. Denn Brandstiftungsdelikte sind stets für Leib und Leben der Opfer besonders gefährlich. Es wird kaum möglich sein, durch die Auslegungsmethoden zum alten Tatbestandsmerkmal des "Ausnutzens" zurückzukehren, da der Wortlaut dies nicht verlangt. Die hohe Strafe wird dadurch legitimiert, dass der Täter Unrecht mit zusätzlichem Unrecht verbindet, um seine Interessen rücksichtslos auf gemeingefährlichem Wege durchzusetzen (MK/Radtke, § 306b II Rn. 20; Radtke JR 2000, 428, 431; BGH NJW 2000, 226, 228).


Ansicht 2: Es sind keine Einschränkungen des § 306 b II Nr. 2 in den Fällen des Versicherungsbetrugs erforderlich (MK/Radtke, § 306b II Rn. 20; BGHSt 45, 211, 214; BGH NJW 2000, 226, 228; BGH NStZ 2008, 571).


Kritik: Systematisch spricht gegen diese Ansicht, dass in den Fällen des § 306b stets das Gefährdungsunrecht gegenüber dem Grunddelikt erhöht ist. Hierdurch wird die eklatant höhere Strafe gerechtfertigt (s.o.). Eine bloße Steigerung des Intentionsunwerts kann einen so stark erhöhten Strafrahmen nicht rechtfertigen. Zusätzlich wird der minder schwere Fall des Betrugs gem. § 263 IV ausgeschlossen. Dies ist aufgrund der Strafrahmendivergenz unverhältnismäßig (Fischer StGB, § 306b Rn. 9 f.; Lackner/Kühl/Heger StGB, 29. Aufl. 2018, § 306b Rn. 4; NK/Kargl, § 306b Rn. 8). Außerdem ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht, dass der Gesetzgeber eine solche Strafverschärfung wollte (Rengier Strafrecht BT II, § 40 Rn. 50).















Die Seite wurde zuletzt am 18.4.2023 um 10.12 Uhr bearbeitet.



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