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Anquatschen ist verboten: Werbung auf der Straße
Der Bundesgerichtshof hat das gezielte Ansprechen von Passanten in der Öffentlichkeit zu Werbezwecken untersagt. Ein derartiges Vorgehen sei wettbewerbswidrig. Dies gelte vor allem auch dann, wenn der Werbende als solcher nicht erkennbar sei, heißt es in einem Urteil des I. BGH-Zivilsenats. Mit ihrer Entscheidung bestätigten die Karlsruher Richter eine Unterlassungsklage der Deutschen Telekom gegen einen Mitbewerber. (AZ: I ZR 227/01 - Urteil vom 1. April 2004)
Das beklagte Unternehmen wirbt für einen Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und vermittelt so genannte Pre-Selection-Verträge. Hierzu gehen Mitarbeiter unter anderem auf Straßen und Plätzen sowie in Einkaufszentren auf Passanten zu und sprechen diese individuell auf die "Möglichkeiten" eines solchen Vertrags an. Die Telekom sieht darin ein wettbewerbswidriges "Anreißen von Kunden durch Belästigung".
Der BGH befürchtet durch die beanstandete Werbeform weniger die Gefahr einer Verstrickung oder Überrumpelung des Verbrauchers, als vielmehr einen "belästigenden Eingriff in die Individualsphäre" des Umworbenen. Mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit des Verbots ist laut BGH eine Interessenabwägung erforderlich. Danach sei das Interesse des Umworbenen an seiner ungestörten Individualsphäre höher zu bewerten als die wirtschaftlichen Belange des Werbenden.