08.07.2004


Großer Lauschangriff: Allgemeines Entsetzen

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer ist gegen Pläne des Bundesjustizministeriums, den so genannten großen Lauschangriff auszuweiten. Das Vorhaben sei äußerst problematisch, sagte er der "Berliner Zeitung". "Darüber werden wir gegebenenfalls streiten müssen." Das Bundesjustizministerium will ein Abhören bei Anwälten, Ärzten, Priestern und Journalisten ermöglichen, aber nur noch bei besonders schweren Straftaten wie Mord und Totschlag.

Auch aus der FDP kommt Widerstand gegen die geplante Bestimmung. "Der Staat hat kein Recht, sich in die Vertrauensverhältnisse zwischen Anwälten und Mandanten, Ärzten und Patienten, Priestern und Gläubigen einzumischen", sagte der innenpolitische Sprecher der Bundestags-Fraktion, Max Stadler. "Wieder einmal sollen die Grundrechte wegen der Effizienz der Strafverfolgung eingeschränkt werden", kritisierte er.

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) beklagte, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes würde damit "ad absurdum geführt". Die Begründung der Regierung, man reagiere mit der Ausweitung auf die Bedrohung durch den Terror, will er nicht gelten lassen. "Wir erkennen nicht an, dass immer neue Freiheitseinschränkungen erfolgen, die zur Kriminalitätsbekämpfung gar nicht notwendig sind", sagte Baum im Deutschlandfunk.

Baum, der zu den Klägern am Bundesverfassungsgericht gehörte, schloss eine erneute Klage nicht aus: "Wenn dieser Gesetzentwurf nicht zurückgezogen wird, werden wir genau prüfen, ob wir nicht erneut nach Karlsruhe gehen." Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang des Jahres erhebliche Korrekturen beim großen Lauschangriff verlangt. Er soll demnach auf Fälle schwerer und schwerster Kriminalität reduziert werden. Zudem werden hohe Anforderungen an Anordnung und Vollzug gestellt.

Der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins, Georg Prasser, reagierte mit Unverständnis auf den Regierungsentwurf. Ein wirklicher Bedarf am großen Lauschangriff, sei durch die Praxis nicht belegt, "und auch in der Vergangenheit, als der Lauschangriff in der jetzt aufgehobenen Form noch zulässig war, nicht gebraucht worden", sagte Prasser im DeutschlandRadio.