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Datenschutz? Verfassung? Zentrale Datei über Islamisten
Der Beschluss der Innenminister, eine zentrale Islamisten-Datei einzurichten, stößt auf Kritik. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin, warnte in der "Berliner Zeitung" vor einem Missbrauch: "Wer kontrolliert, dass nicht auch Unbeteiligte erfasst werden?" Der Terror dürfe außerdem nicht allein auf den Islam beschränkt werden.
Was ist mit der Verfassung?
Der Generalsekretär der Türkischen Gemeinde zu Berlin, Celal Altun sieht das ähnlich. Er habe erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und fürchte, dass Millionen Migranten "ausgeschnüffelt" werden könnten. Schon bei der Einführung des Sicherheitspaketes der Regierung habe sich seine Gemeinde - die größte in Deutschland - Sorgen gemacht, weil die Privatsphäre erheblich verletzt würde. "Auch wenn die Sicherheit eines Staats Vorrang besitzt, handelt es sich doch bei solchen Maßnahmen um einen Eingriff in das Verfassungsrecht", sagte Altun.
Die Türkische Gemeinde kündigte an, den Aufbau der Datei genau zu überprüfen. "Wenn unschuldige Menschen erfasst werden, stellt sich etwa die Frage der Datenlöschung", sagte Altun.
... mit dem Datenschutz?
Auch Thilo Weichert, Chef der Deutschen Vereinigung für Datenschutz und stellvertretender Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, warnte vor überzogener Überwachung. "Es muss ausschließlich um Terrorismus gehen, auf keinen Fall darf der Wischiwaschi-Begriff des Extremismus zur Datenerfassung ausreichen", sagte Weichert. Er bezeichnet zwar eine bundesweite Zusammenarbeit gegen den Terrorismus als sinnvoll. "Aber die gesetzlichen Regelungen reichen aus, um Informationen auszutauschen" und der Austausch müsse sich klar auf die Einzelanfrage beschränken.
Kampf gegen den Terrorismus
Die Innenminister von Bund und Ländern hatten am Donnerstag die Einrichtung einer zentralen Informationsdatei über islamistische Extremisten beschlossen, um die Bekämpfung des Terrorismus zu verbessern. Eine Zentralisierung von Sicherheitsaufgaben beim Bund, wie sie Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gefordert hatte, wurde von den Länderministern jedoch abgelehnt.
Offen ist noch, ob diese Islamisten-Datei bei dem Lagezentrum oder einer der Bundesbehörden separat angesiedelt werden soll. Auch der Umfang der gespeicherten Informationen ist wegen datenschutzrechtlicher Bedenken noch unklar. Beschlossen wurde den Angaben zufolge aber, die Pflicht zum Informationsaustausch zwischen Landes- und Bundesverfassungsschutz gesetzlich festzuschreiben.