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Wie im Tollhaus! - Warum nicht gleich die StPO abschaffen?
Kann die Polizei die StPO einfach außen vor lassen, wenn es denn ein effektives Arbeiten sonst erschweren würde? Nein, ist man geneigt zu sagen. Und dennoch ist das im Ergebnis geschehen und musste erst vom BVerfG wieder ins Lot gerückt werden. Eine Wohnungsdurchsuchung (§ 102 StPO) ohne richterlichen Beschluss, obwohl doch § 105 I StPO dieses vorschreibt? Scheinbar kein Problem, schließlich gibt es die Gefahr in Verzug Klausel, nach der auch die Polizei selbst dies anordnen darf. Nun hatte aber im vorliegenden Fall die Polizei über zwei Stunden Zeit, einen Richter zu informieren. Sie hat es nicht einmal versucht! Damit ist die Maßnahme rechtswidrig. Dass das polizeiliche Verhalten auch noch von AG und LG Bonn bestätigt worden ist, macht nicht nur das BVerfG ratlos.
Noch ein weiterer Aspekt ist an dem Urteil interessant. Die Polizei hatte nämlich zudem das Handy des Beschwerdeführers beschlagnahmt und die SIM Karte ausgewertet. Ohne richterlichen Beschluss. Das BVerfG stellte nun klar, dass auch diese Ausforschungsmaßnahme einen Eingriff in Art. 10 GG (Fernmeldegeheimnis) darstellt und damit einer gesetzlichen Grundlage bedarf, Art. 10 II GG. Sodann lenkte es den Blick auf §§ 100 g und h StPO (Auskunft über Telekommunikationsverbindungen). Dort ist die Pflicht der geschäftsmäßigen Telekommunikationsanbieter zur Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten geregelt. Der Inhalt dieser Informationen umfasst (unter anderem) auch das, was über die SIM Karte ermittelbar ist. Und nun: Die in §§ 100 g und h StPO gesetzten Schranken dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass in anderer Weise auf die Verbindungsdaten rückgegriffen wird. Daher werden auch die beim Beschuldigten selbst aufgezeichneten oder gespeicherten Daten von §§ 100 g und h StPO erfasst. Und damit gilt wieder der Richtervorbehalt, §§ 100 h I 3, 100 b I StPO. Im übrigen bedingt diese Maßnahme auch noch den Verdacht der Straftat von erheblicher Bedeutung.