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Klein-London: Berlin rüstet nach
London hat es vorgemacht. Und Berlin zieht bei der flächendeckenden Videoüberwachung nach. In einem ersten Schritt sind die U-Bahnen dran, dann folgenden Busse und Straßenbahnen, alle privatisierten öffentlichen Räume wie der Potsdamer Platz sind ja bereits seit vielen Jahren so mit Kameras zugepflastert, dass es keinen toten Winkel mehr gibt.
Zwar läuft ein empirisches Projekt zur Wirksamkeit der Videoüberwachung derzeit noch, aber wer muss denn auf die Kriminologen noch warten, das Ergebnis ist doch eh klar: In den U-Bahnlinien 2, 6 und 8 sei ein spürbarer Rückgang insbesondere der Schäden durch Vandalismus zu verzeichnen. Und ferner: Sei nicht der mutmaßliche Mörder von Mitja aufgrund eines in einer Leipziger Straßenbahn aufgenommenen Bildes gefasst worden?
Schade, dass Berlin nicht auch in Sachen kriminologischer Forschung nachrüstet oder zumindest die Auswertung ihres Projektes abwartet. So sind insbesondere die Ergebnisse valider britischer Untersuchungen weitaus ernüchternder, was die hier vollmundig propagierten Erfolge anbelangt. Ganz davon abgesehen, dass die grundrechtsrelevanten Eingriffe durch die Videoüberwachung bagatellisiert werden.
Sind die Sitzbezüge der oben genannten U-Bahnlinien vielleicht weniger graffiti-attraktiv gestaltet worden? Gab es hier mehr Streifen durch BVG-Personal? Hat sich die Szene in andere Bezirke verlagert? Wurde der U-Bahntakt hier gestreckt? Alles mögliche Störvariablen, die bei einer validen empirischen Untersuchung zu berücksichtigen sind.
Und selbst wenn noch immer ein auf die Videoüberwachung zurückzuführender Rückgang von Graffiti bliebe: Die Nebenwirkungen sind im Auge zu behalten. Gravierende Aggressionsdelikte jedenfalls, bei denen man ins Grübeln geriete, ob sich der Preis nicht lohne, sind noch von kaum einer Kamera verhindert worden.
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