08.07.2003


Der Europäische Haftbefehl

Nach der Wissenschaft und der kritischen Praxis nimmt sich jetzt auch die Publizistik des hochbrisanten Themas an: Der Europäische Haftbefehl. Schnelle Auslieferung über Ländergrenzen hinweg, trotz unterschiedlicher nationaler Regelungen im materiellen und formellen Strafrecht. Bundesjustizministerin Zypries hat jetzt einen Gesetzentwurf vorbereitet, der zumindest teilweise der Kritik Rechnung trägt: der Haftbefehl soll geprüft und unter Umständen auch abgelehnt werden. Vielleicht ist es aber Zeit, keine Ressourcen darauf zu verschwenden, sich über Berlusconi aufzuregen, sondern über das Tempo der europäischen Entwicklung nunmehr auch auf dem Gebiet es Strafprozessrechts nachzudenken, bei dem leider die Bürgerrechte nicht mehr auf den Zug aufzuspringen vermochten. Haftbefehl und Auslieferung drohen nunmehr bei Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Prantl spricht von garstigen gesellschaftspolitischen Phänomenen, die aber nicht die Anforderungen an einen bestimmten Straftatbestand erfüllten. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung führt schlicht dazu, dass das System von Checks und Balances, das in einer nationalen Rechtsordnung schon argen Friktionen ausgesetzt ist, endgültig aus dem Ruder läuft. Die jeweils schärfsten Regeln aus jedem EU-Land werden miteinander kombiniert.