17.11.2005


Härte des Gesetzes

Man nennt so etwas vermutlich einen abgewogenen Beitrag: Er mahnt, vergleicht und ist nicht resignativ. Am Beispiel der Sicherungsverwahrung und des Strafrechts für Heranwachsende werden empirische Bedenken angemeldet, die Reformgesetze der sechziger und siebziger Jahre werden als leuchtendes Vorbild gegenüber der Ad hoc-Gesetzgebung in diesen Jahren herausgestellt, die "neuen Herausforderungen" Terrorismus und Internet-Kriminalität nicht vergessen und die Chancen einer "kriminalpolitischen Vernunftkoalition" beschworen. Hier könne man durchaus mit einer erneuerten Kronzeugenregelung und einer abermaligen Ausweitung des DNA-Registers agieren.

Nur: Dass eine große Koalition sich deshalb auf das Vernüftige besinnt, weil der Wettbewerb der Härte ausgeschaltet sei und sie sich am Bürger orientieren könne, der kriminalpolitischen Argumenten stets zugänglich gewesen sei, geht meines Erachtens an den Entscheidungsfindungsprozessen gänzlich vorbei. Die "neue Herausforderung" Internet-Kriminalität macht ein Medium zum Angriffsgegenstand des Strafrechts. Kronzeugenregelung und DNA-Register gehören nicht zu beliebig einsetzbaren Waffen, sondern zersetzen Strafprozess sowie Verhältnis von Staat und Bürger. Und ob der Staat nun in der Vergangenheit - etwa im Zuge der RAF-Prozesse - weise und abgewogen reagierte, scheint mir die Geschichte teilweise zu verbrämen. Aber vielleicht ist es tatsächlich noch schlimmer geworden. Empfehlung: lesen!