25.06.2010


Neues und Bekanntes zur Sterbehilfe

Der BGH fällte heute ein Grundsatzurteil zur sog. Sterbehilfe. Darin wurde bestätigt, dass auch das aktive Eingreifen in Maßnahmen zur Lebenserhaltung, die bereits begonnen wurden oder unmittelbar bevorstehen, nicht gem. § 212 StGB oder § 216 StGB strafbar ist, wenn es dem Willen des Patienten entspricht. Ein Urteil, das mit der neuen Gesetzeslage übereinstimmt und dem Patientenwillen mehr Bedeutung verschafft.

Dogmatisch scheinen demgegenüber nicht alle Fragen geklärt. Nach der bisher nur zur Verfügung stehenden Pressemitteilung des BGH ist davon auszugehen, dass neben einem reinen Sterbenlassen ein aktiver Abbruch nur dann durch die Einwilligung des Patienten gerechtfertigt ist, wenn die Voraussetzungen des neuen § 1901a BGB beachtet wurden. Das heißt zum einen, dass es sich um den Abbruch von Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffen handeln muss. Zum anderen scheint auch die Prüfung durch einen Betreuer beachtlich zu sein, was dazu führen würde, dass die Entscheidung, ob ein Abbruch strafbar oder straffrei ist, entscheidend von den Festlegungen des Betreuers abhängig sein kann. Wie weit eine Interpretationsmöglichkeit des Betreuers geht, wäre damit aber noch ungeklärt. Träfe diese Interpretation der Entscheidung zu, würde das Urteil die Probleme also eher von der Frage, ob ein Tun oder Unterlassen vorliegt, auf die Ebene des Umfangs der Wirkung der Einwilligung verlagern.

Letztlich kann auch dieses Urteil nichts daran ändern, dass das Unrecht einer Tötung immer noch von staatlichen Vorgaben abhängen soll, die über den Willen des Inhabers des Rechtsguts hinausgehen. Es ist demgegenüber an der Zeit, insgesamt die vorgegebenen Beschränkungen der Selbstbestimmung und damit auch die Regelung des § 216 StGB aufzugeben. Nur so würden materiell-rechtliche Wertungsunstimmigkeiten vermieden, die Rechtssicherheit verbessert und der Selbstbestimmung die Geltung verschafft werden, die ihr zusteht. Allheilmittel für eine Lösung der komplexen Situation bei der Hilfe zum Sterben wäre dies freilich nicht. Bleibt doch immer noch die schwierigste aller Fragen, was der Patient wirklich will.