15.09.2011


Papstrecht

Normalerweise gilt bei der Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe das StGB, wenn der Papst kommt, greifen anscheinend Sonderregeln. Attila Selek, wie er fürsorglich mit vollem Namen genannt wird (nach der Lebach-Entscheidung des BVerfG ebenso überraschend wir nach Ziffer 8 des Presskodex), war wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sowie der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Nach Verbüßung von mehr als vier Jahren war die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden, was nach § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB unter anderem voraussetzt, dass "dies unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann".

Hier darf man getrost davon ausgehen, dass das Gericht hochrangige Rechtsgüter im Hinblick auf die Rückfallgefahr zugrunde legte und bei seiner Entscheidung eine besonders hohe Aussicht auf künftige Legalbewährung bejaht hat. Der Bewährungsbeschluss sah unter anderem vor, dass der Verurteilte seinen festen Wohnsitz in Freiburg zu nehmen habe. Diese positive Bestimmung des Aufenthaltsortes ist jedenfalls aus sich heraus vor dem Hintergrund der ehemals gefährdeten Rechtsgüter nicht nachvollziehbar.

Zwar lässt das Gesetz nachträgliche Änderungen der Weisungen zu (§ 56 e StGB), der hierfür als Grund mitgeteilte Umstand der Entlastung der örtlichen Polizeibehörden wegen des bevorstehenden Papstbesuches lässt freilich tief blicken. Worum kümmert sich die Polizei denn bei einer Person mit überaus günstiger Kriminalprognose? Oder spielt doch der Umstand eine Rolle, dass der Papst kommt, und es nicht um die popelige Allgemeinheit an sich geht?

Wie man es auch dreht und wendet: Die Hürden für eine Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe sind hoch und das kriminalpolitische Klima ist gerade bei Straftaten im Kontext des sog. Terrorismus nicht sonderlich freiheitlich orientiert. Wie man ohne neue Erkenntnisse hier einen Platzverweis rechtfertigen möchte, wenn gerade die Polizeiarbeit in einem solchen Fall aus guten Gründen gegen Null streben sollte, weiß nur der Papst. Dass sich Verurteilter und Verteidiger gottesfürchtig beugten, macht die Sache nicht besser.