11.08.2020


Polizei als Täter, Polizei als Opfer

In den letzten Wochen ist aus aktuellem Anlass und guten Gründen die Frage ein wenig in den Vordergrund gerückt, wie es denn mit Straftaten der Polizeibeamtinnen und -beamten bzw. rassistischen und rechtsradikalen Tendenzen in deren Organisation bestellt ist. Während derzeit eine Dunkelfeldstudie zur Körperverletzung im Amt läuft, werden Bestrebungen einer empirischen Untersuchung von Rassismus in der Polizei vom Bundesinnenminister sowie zahlreichen Ländern mit aller Macht und geradezu hektisch als überflüssig zurückgewiesen. Es gebe kein derartiges Problem .

Wenn ein entsprechender Forschungsbedarf ausgemacht wird, liegt dem natürlich eine entsprechende Hypothese zugrunde. Nur gibt es erstens für eine solche auch in Deutschland hinreichend Anlass und zweitens bedeutet eine empirische Untersuchung eben eine empirische Untersuchung. Methodik und Ergebnisse sind im Anschluss zu diskutieren. Worin also liegt das Problem?

Im Rahmen eines Interviews mit Radio Dreyeckland ist RH zur gleichsam spiegelbildlichen Seite um Stellungnahme gebeten worden: Wie steht es mit der Gewalt gegen die Polizei? Wäre nicht gerade hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen statt nach einigen wenigen schwarzen Schafen in Reihen der Polizei zu fahnden?

RH gelangt zu dem Ergebnis, dass gerade dieses Feld beileibe nicht unbeackert geblieben ist und seit 2011 die Strafbarkeit wesentlich erweitert wurde. Der ehemalige Ausgangspunkt, der sog. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB), ist schon längst keine Privilegierung im Vergleich zur Nötigung mehr und wurde durch § 114 StGB, den tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte, machtvoll erweitert. Die Notwendigkeit einer Vollstreckungshandlung ist verschwunden. Und die Vermutung von RH geht dahin, dass die seit 2017 gestiegenen Verdachtszahlen im Bereich der §§ 113 ff. StGB nicht etwa mit einem gestiegenen Problem, sondern mit einer Ausweitung des Bereichs des Strafbaren zu tun haben. Von der in diesem Bereich besonderen polizeilichen Definitionsmacht ganz abgesehen.

Kein Grund also, sich von Untersuchungen der Polizei als potenziellem Akteur abzuwenden.