04.05.2011


Sicherungsverwahrung verfassungswidrig

Wer hätte das gedacht? Nach der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts widersprechen die gesamten deutschen Regelungen zur Sicherungsverwahrung dem Grundgesetz.

Richtig so! Produziert der Gesetzgeber doch seit Jahren schon einen immer dichter werdenden Repressionsteppich, der sich nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz vereinbaren lässt.

Nach den Ausführungen des Gerichts verstoßen die Regelungen gegen das Abstandsgebot, da die gesetzliche Ausgestaltung und der Vollzug bisher nicht in ausreichendem Maße therapeutisch, also an der Wiedereingliederung der Verurteilten in die Gesellschaft ausgerichtet sind und die Sicherungsverwahrung somit Strafcharakter hat, der ihrer ausschließlich präventiven Ausrichtung entgegensteht. Außerdem widersprechen die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung sowie ihre nachträgliche Anordnung dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot. Angesichts des schwerwiegenden Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht soll eine rückwirkende, also erst nach einer strafrechtlichen Verurteilung wegen der Tat erfolgende Anordnung grundsätzlich ausgeschlossen sein.

Problematisch erscheinen die doch sehr langen Übergangsfristen von teilweise mehr als zwei Jahren. In dieser Zeit gelten die verfassungswidrigen Regelungen, wenn auch eingeschränkt, fort. Angesichts der 1,5 Jahre, die der Gesetzgeber nach dem ersten Urteil des EGMR bereits Zeit hatte etwas zu ändern, hätte man hier wohl radikaler vorgehen können. Zu bedauern ist auch, dass das BVerfG weiterhin einen Spielraum lässt, für die Regelung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung durch den Bundesgesetzgeber. Dies verwundert, da das Anknüpfen an eine begangene Straftat der Rechtsprechung des EGMR widerspricht. Die Sicherungsverwahrung als reine, von der Straftat weitgehend gelöste Präventivmaßnahme, aber eigentlich nicht mehr zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehören dürfte, da diese nur für das Strafrecht nicht aber die Gefahrenabwehr besteht.

Jetzt ist es also Zeit für Bundes- und Landesgesetzgeber zu handeln und ein „freiheitsorientiertes und therapiegerichtetes Gesamtkonzept“ auf die Beine zu stellen. Hoffentlich wird bei der Umsetzung der Einhaltung des Abstandsgebotes nicht vergessen, dass auch der Strafvollzug resozialisieren soll und das auch das Leben im Strafvollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden muss.