30.03.2020


Sorry, we are closed

Ob die Universitäten als Hort der Forschung und Lehre tatsächlich in eine besorgniserregende Schockstarre verfallen sind? Der Blick auf „Aktuelles“ lässt einen dies jedenfalls ernstlich besorgen. Es geht ganz überwiegend um Ausfälle, Schließungen und Verschiebungen.

Vielleicht ist es aber auch nicht ganz so schlimm und konzentriert man sich derzeit eher doch ein bisschen mehr auf die Forschung als ohnehin. 

Na gut, man könnte schon das eine oder andere in den Semesterferien für die Lehre in Angriff nehmen, insbesondere in diesen Zeiten, in denen der neu terminierte Beginn des Präsenzunterrichts am 11.5. (Blockseminare können bereits davor stattfinden) nach wie vor ein wenig auf der Kippe steht, um es mal euphemistisch zu formulieren.

Wir fühlen uns wie das Schachpublikum vor den Bildschirmen, das Alexander Grischtschuk zurufen will: „Zieh doch endlich!“ Jede(r) weiß, dass er den Springer von f5 nach e7 zu ziehen hat. Aber er macht es einfach nicht, bzw. dann eine Sekunde bevor die Uhr endgültig runtergelaufen ist.

Exakt so ist es derzeit auch um die Lehre bestellt: Jeder, der bis drei zählen kann, weiß, dass es bei geschlossenen Hörsälen nicht mehr so wie bisher laufen kann. Er weiß des Weiteren, dass der Unterricht bereits in der Vergangenheit häufig eklatant schwächelte und die Studierenden das Angebot als nicht angemessen verwarfen, indem sie schlicht fernblieben.

Das alles wären gute Argumente, sich ganz unabhängig von Corona einmal umgehend mit einer sinnvollen Modernisierung der Lehre auf dem Stand der Lehr- und Lernforschung zu befassen, also schleunigst auf e7 zu ziehen.

Stattdessen spielt man auf dem Rücken der Studierenden wie Grischtschuk, ohne zu realisieren, dass er sich ein solches Spiel unter Zeitdruck vielleicht leisten könnte (obwohl es dann natürlich doch häufig danebengeht). Die Lehre aber ist nun einmal kein Spiel, sie schafft die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium innerhalb einer bestimmten Zeit, was wiederum für die Förderung nach dem BAföG entscheidend ist.

Wenn nun aber alle sich tunlichst nicht bewegen und konzentriert über ihr Vortragsmanuskript für bessere künftige Zeiten gebeugt bleiben, dann wird das kommende Semester mit seinen Vorlesungen, Übungen und Vorbereitungskursen auf das Examen in ein unwürdiges hektisches Durcheinander ausarten, das nur deshalb nicht zur Revolte führt, weil man vermutlich in „großzügiger“ Weise Entgegenkommen zeigen wird. Tut ja nicht weh und verlangt keine Anstrengungen. Nur langsam wird es den insoweit Privilegierten dämmern, dass eine solche Appeasementpolitik allein die flüchtige Zufriedenheit im Hier und Jetzt im Auge hätte und die Anforderungen des Staatsexamens vermutlich nicht erreichen würde.

Wie aber könnte ein durch Corona erzwungener Neustart der Lehre aussehen? Genau dies erfragen wir derzeit von den Freiburger Jurastudierenden. Und wir werden die Vorschläge mit ihnen unmittelbar im Anschluss analysieren und diskutieren, ohne die Uhr runterlaufen zu lassen.