Der Artikel
In Berlin-Mitte ginge das als Designer-Hotel durch
So untertitelt der Stern den Zellentrakt der JVA Landsberg, in dem nunmehr der sog. Star-Koch Alfons Schuhbeck eingecheckt hat. So würde man das doch wohl formulieren dürfen. Und in der Süddeutschen Zeitung ist von einem Gefängnis im venezolanischen Tocorón die Rede, in dem Bandenchef Héctor Guerrero einsaß und in dem Polizeibeamte nicht nur eine eigene Sportanlage, sondern auch einen Kinder-Spielplatz, ein Außenschwimmbad, dazu Steak-Restaurants, einen Nachtclub, Geschäfte, Geldautomaten und sogar einen Zoo mit Pumas, Jaguaren und anderen Wildtieren vorfanden. Héctor Guerrero selbst war allerdings bei der Razzia nicht im Hause.
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Wer darauf verweisen wollte, das sei eben Venezuela unter Maduro, dem sei gesagt, dass man mit Abstufungen im Detail derartige Gefängnishierarchien und hiermit verbundene Privilegien überall auf der Welt erlebt. Sie beruhen auf innerhalb und außerhalb des Gefängnisses existierenden Machtstrukturen, die durch die Gefängnismauern diffundieren, und Korruption.
Aber wie sollte nun ein Gefängnis aussehen, wenn wir mal Pumas und Steak-Restaurants als doch ein wenig übertrieben außen vor lassen?
Hier werden sich sehr schnell die Geister auch deshalb scheiden, weil in der breiten Bevölkerung und der Politik das einzige Vollzugsziel, nämlich die Resozialisierung, keine große Lobby hat. In aller Regel zeigt man sich unwillig, in die Gefängnisse zu investieren, und verweist darauf, dass schon derzeit die Haftkosten pro Tag horrende 180 Euro ausmachten, und das für einen Verbrecher, der Leid über die Opfer gebracht habe. Jeder Luxus sei Hohn in deren Augen.
Zunächst: Dass es mit diesem Strafvollzugsziel der Resozialisierung nicht weit her ist, zeigen die beunruhigend hohen Rückfallquoten von ehemals Inhaftierten. Aber was wäre die Konsequenz? Es mit entsprechenden Bemühungen gleich sein zu lassen und die Gefangenen schlicht wegzusperren, würde im Widerspruch zu einem menschenwürdegerechten Strafvollzug stehen.
Wenn man hieraus nicht mit guten Gründen die Schlussfolgerung ziehen wollte, die Gefängnisse seien abzuschaffen, so wären doch zumindest alle Bemühungen zu intensivieren, die in der totalen Institution eines Gefängnisses bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, um einer Resozialisierung zumindest Chancen zu eröffnen.
Und hierzu gehören neben ambitionierten Angeboten wie dasjenige der Sozialtherapie eben auch die entsprechenden baulichen Voraussetzungen. Sie sind für solche Orte umso wichtiger, die man sich nicht aussucht, sondern denen man ausgesetzt ist. Selbst wir erfahren unter vergleichsweise exzellenten Bedingungen, was eine Umgebung mit uns macht, in der wir uns wohlfühlen oder die uns umgekehrt belastet.
Aber was zeichnet nun eine gute Architektur bei Gefängnissen aus? Verena Mayer geht dem am Beispiel der JVA Heidering südlich von Berlin nach. Weil hier der Architektin Andrea Seelich offensichtlich ein Gestaltungsspielraum zustand, der mehr als eine bloße Verwahranstalt zuließ, ist eine Einrichtung herausgekommen, die einen nicht erschaudern lässt. Hierfür ist noch immer die Aussicht ausreichend, für einen bestimmten Zeitraum in elementaren Grundfreiheiten entscheidend eingeschränkt zu sein.
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Wir maßen uns nicht an, die architektonische Gestaltung bewerten oder gar schlaue Ratschläge geben zu wollen. Sie wird im Idealfall in enger interdisziplinärer Abstimmung mit den Disziplinen erfolgen, denen das Strafvollzugsziel ein Anliegen ist. Sicherheit und Finanzen gehören nicht dazu, sondern sind deren in engen Grenzen mitzuberücksichtigende Antipoden.
Häufig werden bestimmte Einstellungen in der Gesellschaft als Gradmesser für deren Zustand interpretiert. Welche Angebote man jungen Menschen macht, gehört in jedem Fall dazu. Wir plädieren dafür, auch den Zustand der Gefängnisse als einen derartigen Seismographen anzusehen. Und haben Respekt vor Andrea Seelich, der dies aus der Perspektive der Architektur ein besonderes Anliegen ist.
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