26.05.2023


Das Eichhörnchen-Prinzip

Würde man im Herbst ein Eichhörnchen befragen, ob es denn wirklich diese minderwertige Nuss für schlechtere Zeiten verstecken wolle, vielleicht werde der Winter ja doch nicht so hart und gerate diese Nuss eh in Vergessenheit, so würde es vermutlich antworten: Warum denn nicht?

Was Corona wirklich in Sachen Digitalisierung gebracht hat, scheint uns derzeit nicht ausgemacht zu sein. Eine technische Option ist noch kein didaktisches Konzept.

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Immerhin haben die Lehrenden gelernt, wie man andere anhält, die Vorlesungen irgendwie aufzeichnen zu lassen. Und diese Konserve erinnert an das Gleichnis mit der Nuss. Vielleicht wird sie einem in schlechten Zeiten noch gute Dienste leisten. Oder auch: Nichts ist so schlecht, dass es nicht doch für etwas gut sein könnte.

Und so fordern die Studierenden nahezu einhellig, Vorlesungen weiterhin aufzuzeichnen. Es müsse sich keineswegs um ein professionell erstelltes Produkt handeln, zur Not reiche auch die bloße Tonaufnahme mit einem Handy.

Das erzürnt in aller Regel die Lehrenden: Dass die Präsenzvorlesung ein Wert an sich sei, habe doch gerade die Corona-Pandemie gezeigt und sei dementsprechend auch eine Errungenschaft, die es zu erhalten gelte. Nur über eine solche sei echte Interaktion möglich. Ob die Konserve jemals angerührt werde, sei nicht gesagt. Am Ende nehme man während einer Netflix-Serie auf einem Second Screen ein paar Happen, spule nach vorn, erhöhe die Wiedergabegeschwindigkeit oder mache sich über die Marotten der vortragenden Person lustig. Und bleibe natürlich in schändlicher Weise dem Hörsaal fern.

Dass sich die Lehrenden Gedanken über das in ihren Augen optimale Konzept der Vermittlung und Diskussion des relevanten Stoffs machen, ist nicht das Problem. Ein solches entsteht aber dann, wenn sie dieses als unantastbar setzen und ihr für das Ego notwendige Publikum über Zwang generieren. Wurde die Vorlesung nicht vielleicht auch vor allen Diskussionen um ihre Aufzeichnung in Windeseile immer leerer und leerer? Und sollte man es nicht den Studierenden überlassen, im Sinne des Blended Learning ihren Weg zu finden?

Der Deal wäre aber eben derjenige, die Studierenden beim Wort zu nehmen und nicht doch eine wohl inszenierte Videosequenz zu erwarten: „Geht in Ordnung – sowieso – genau“.

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