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Rasputiza
In der Ukraine ist die Schlammsaison so heftig, dass sich dafür ein eigener, wenn auch russischer Begriff gefunden hat – Rasputiza, die Zeit der Wegelosigkeit. Mag sich diese nunmehr saisonal bedingt 2023 ihrem Ende zuneigen, bleibt die Ausweglosigkeit des Krieges bestehen. Wie beruhigend, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius im Ping-Pong mit seinen Adjutanten nach wie vor unbeirrte und klare Kante zeigt. Zu diesen Adjutanten gehören insbesondere die von uns bereits charakterisierten Thinktanks, wobei sich „Militärexpertin“ Claudia Major einen Stammplatz in den Talkshows erobert hat. Um im Jargon zu bleiben: Sie wird ihn bis aufs Messer verteidigen.
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Und so vermuten wir mal, dass sie fast ein wenig vergrätzt gewesen sein wird, als Boris Pistorius nicht nur von der Bundeswehr, sondern auch von der Gesellschaft Kriegstüchtigkeit einforderte. Das hätte eigentlich von ihr kommen können, ja müssen, und so bleibt ihr nur das unverhohlene Lob für diese „zum Nachdenken anregende Wortwahl“. Immerhin fällt ihr dann sogleich die in diesem Kontext geradezu zwingende Kosten-Nutzen-Abwägung ein, die von Abschreckung und davon handelt, dass sich der Krieg für Putin nicht lohnen dürfe.
Wenn es noch eines schlagenden Beweises dafür bedurft hätte, was für eine unterkomplexe Sichtweise in einem solchen Ansatz steckt und wie irrelevant sich die Erhöhung der Kosten für (Kriegs-)Verbrecher erweist: Der Ukrainekrieg liefert ihn.
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Aber Boris Pistorius legt nach: Es blieben lediglich noch fünf bis acht Jahre, in denen Deutschland und die Nato aufholen müssten. Dies betreffe die Streitkräfte, die Industrie und die Gesellschaft. Drohungen gegen die baltischen Staaten seien ernst zu nehmen. Und hierbei werde es nicht bleiben.
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Aufholen muss zuvörderst einer, nämlich unser selbst ernannter Kriegsminister. Er hat schleunigst zu lernen, dass das Grundgesetz eine zu verteidigende Friedensordnung vor Augen hat. Dies sollte einem Juristen im Wege der Auslegung der Verfassung unter Berücksichtigung ihres Entstehungsprozesses eigentlich gelingen. Ob er es auch noch schaffen wird, mit seinen 63 Jahren die Sprache als ein die Wirklichkeit nicht lediglich abbildendes, sondern sie konstruierendes Instrument zu begreifen, wissen wir nicht recht. Wir würden es uns wünschen. Dies ist allerdings auch keine Frage des Alters, wie Heribert Prantl mit seinen 70 Jahren und dem Einfordern von Friedenstüchtigkeit eindrucksvoll beweist.
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