03.06.2024


Cannabis und Geldwäsche

Wer für die Strafrechtsklausur im Examen auf Lücke gesetzt hat, weil es beispielsweise in Baden-Württemberg eben nur eine von sechs ist, sollte zumindest ein paar Daumenregeln im Gepäck haben: So ist eine Unterschlagung eigentlich immer im Spiel, auch wenn sie dann doch irgendwie zurücktritt. Und auch der Geldwäschetatbestand drängt sich in nahezu jede Klausur gebieterisch hinein.

Stört allerdings keinen großen Geist, sollte er in der Hektik des Geschehens einmal vergessen worden sein. Denn selbst die Korrigierenden werden in aller Regel längst den Überblick über die laut Fischer am häufigsten geänderte Vorschrift des StGB verloren haben, mag es auch auf den ersten Blick 2021 ein wenig einfacher geworden sein. So hat das gewohnt großspurig so bezeichnete „Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche“ nach etlichen Trippelschritten zuvor den „All-Crime-Ansatz“ eingeführt. Ist also vollkommen gleichgültig, ob der Gegenstand aus einem Menschenhandel, einem Raub oder doch lediglich einer Unterschlagung stammt.

Nur am Rande sei bemerkt, mit welch hehren Zielen § 261 StGB 1992 durch das Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eingeführt worden war. Dem weltweit ausgemachten Feind nicht nur der Wirtschaft, sondern der Gesellschaft schlechthin sollte der Geldhahn bis zur Erdrosselung zugedreht werden. Seit 40 Jahren auszumachende kärgliche Zahlen von Geldwäscheverdachtsfällen in der Kriminalstatistik bei gleichzeitig realistischen Berechnungen, wonach ganz erhebliche Teile des Umlauf- und auch des Anlagevermögens aus Straftaten herrühren (Fischer StGB, 71. Aufl. 2024, § 261 Rn. 6, 7), zeigen die Maus, die geboren wurde.

Mit dieser Schleppnetzfahndung verbunden waren seit jeher verzweifelte Bemühungen, den unvermeidlichen Beifang bei sozial- oder berufsadäquaten Verhaltensweisen über eine teleologische Auslegung oder eine Nachjustierung des Gesetzes wieder ins Meer zu schmeißen. So standen etwa auch die Strafverteidiger:innen im Verdacht, Geldwäsche bei der Übernahme von Mandaten zu begehen.

https://strafrecht-online.org/geldwaesche-barton

Nun also der „All-Crime-Ansatz“, der aus der Mücke keinen Elefanten machen und vielmehr weiteren Beifang produzieren wird. So etwa durch das „Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis“ (KCanG), das auch den Erwerb bestimmter Mengen Cannabis auf dem sog. Schwarzmarkt straffrei stellen wollte.

Zutreffend vermerkt El-Ghazi: „Viele (und wohl auch der Gesetzgeber) haben die Rechnung allerdings ohne den Tatbestand der Geldwäsche gemacht.“
Wer sich bis zu 25 Gramm Cannabis auf dem Schwarzmarkt verschaffe, ohne dabei die Monatsgrenze von 50 Gramm zu überschreiten, gerate zwar strafrechtlich nicht in Konflikt mit dem KCanG. Er mache sich in der Regel aber wegen Geldwäsche strafbar. Schließlich müsse auch sein Dealer, also der Veräußerer, ja zuvor irgendwie in den Besitz dieses Cannabis gelangt sein. Und dies sei regelmäßig über den unerlaubten Erwerb oder Anbau der Fall.

WWF beschreibt den Beifang wie folgt: „Beifang ist eine gigantische Verschwendung. Sie bringt Arten an den Rand des Aussterbens, bedroht die Basis der Fischerei und zerstört den empfindlichen Lebensraum Meer – ganz abgesehen davon, ob wir es ethisch vertreten können, dass Lebewesen wie Müll behandelt werden.“

Über den bei durch das KCanG im Verein mit § 261 StGB produzierten Beifang werden nicht nur die Ziele der Cannabisreform konterkariert, Strafverfolgungsbehörden und Justiz werden zudem ihre sinnfreie Arbeit mit Cannabiskonsumierenden durch die nicht weniger sinnfreie zu ersetzen haben, die sich um die Geldwäsche dreht.

Das von El-Ghazi so bezeichnete Strafrechtsmonstrum der Geldwäsche wütet wie ein Irrwisch umher. Vielleicht wäre es an der Zeit, die Bemühungen zu intensivieren, es nicht mehr aufzupäppeln, sondern endlich wieder einzuhegen oder gleich ganz zu erlegen. Bislang hat es das Bundesverfassungsgericht wie im materiellen Strafrecht üblich dabei belassen, die dem Straftatbestand unterlegten Rechtsgüter als vage zu bezeichnen, die bis zu den Fremdkörpern der Generalprävention und der Schaffung einer Ermittlungsgeneralklausel reichen. Und Thomas Fischer fragt zu Recht (Rn. 11), ob eine solche „Globalstrafbarkeit“ ohne praktische Möglichkeit der Verfolgung verfassungsrechtlich zulässig ist.

https://www.lto.de/persistent/a_id/54444/


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