Der Artikel
Das Ende der Evidenz
Karl Lauterbach hat alles versucht, um seinen Traum am Leben zu erhalten: Er hat keine Talkshow ausgelassen und sich mit der heute-show eins gemacht, er hat Einblicke in sein Privatleben gegeben und für eine evidenzbasierte Politik gekämpft, um seine doch eher lose Affinität zur Wissenschaft zum Ausdruck zu bringen. Mantraartrig war hiervon bei seinen Maßnahmen während der Corona-Pandemie die Rede, um dem Volk deren Alternativlosigkeit vorzugaukeln. Scheibchenweise muss auch Karl Lauterbach nunmehr eingestehen, dass die eine oder andere Maßnahme gerade nicht zweifelsfrei gewesen ist. Das muss nicht unbedingt ein Vorwurf sein, man hätte aber die Latte ein wenig tiefer hängen können.
Schon im März 2018 waren wir zu dem Ergebnis gelangt, „dass natürlich auch die Evidenz ein Konstrukt als Folge existenter Machtstrukturen und nicht etwas zweifelsfrei Vorfindliches ist.“
https://strafrecht-online.org/nl-2018-03-16 [S. 3]
Wenn es eines Beweises für diese These bedurft hätte, könnte die Weigerung von Karl Lauterbach Anfang 2022 hierfür herhalten, die Bewertung des Corona-Risikos entgegen dem Rat des Robert-Koch-Instituts (RKI) über Monate hinweg nicht herabzustufen.
https://sz.de/lux.RD5S8BeVnoMbYFkEy33ePV
Nun also sind die Tage von Karl Lauterbach als Gesundheitsminister auch deshalb gezählt, weil sich nicht alle Fragen der Gesundheitspolitik über die Evidenz lösen lassen und für einen Turnaround zusammen mit seinem Best Buddy Olaf Scholz doch noch einiges geschehen müsste.
Und schon werden wir doch ein wenig wehmütig. Denn ein Blick in die USA zeigt uns gerade in diesen Tagen, dass eine kontrafaktische Evidenzpolitik nun wirklich noch besorgniserregender erscheint.
https://sz.de/li.3148025 [Probeabo 1 €]
Ein Impfgegner als Gesundheitsminister, den das marode System der Krankenversicherung nicht tangiert, ein für erneuerbare Energien verantwortlicher Fracking-Unternehmer, der die Klimakrise für eine Mär hält, ein als oberster Umweltschützer designierter Chef der US-Umweltbehörde EPA, der die amerikanische Autoindustrie wiederbeleben möchte, eine ehemalige Wrestling-Managerin als Bildungsministerin. Das hat dann doch einige etwas beunruhigt auf den Plan gerufen.
https://strafrecht-online.org/ard-kennedy
Nutzen wird es leider nichts. Der Trump-Zug rollt, nichts kann ihn mehr aufhalten. Und ehrlich gesagt stand sogar der Fahrplan von Beginn an ziemlich genau fest.
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