26.02.2025


Vom Kriminalitätshotspot zum Wohlfühlpark

Würde man aufgefordert, in Freiburg einen Ort zu benennen, der die Sichtweise des ebenso kleingeistigen wie verlogenen Gutbürgertums auf ihre Pippi-Langstrumpf-Stadt (Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt) plastisch zum Ausdruck bringt, führt kein Weg am Stühlinger Kirchplatz vorbei.

Wollen Studierende der Kriminologie lokales Anschauungsmaterial für ihr Fach erhalten, werden sie am Stühlinger Kirchplatz fündig: Die Konstruktion gefährlicher Orte mit verdachtsunabhängigen Ermittlungen, der Labeling-Approach-Ansatz als solcher, die Hilflosigkeit des Umgangs mit dem Hellfeld des Phänomenbereichs „Betäubungsmittel“ oder die Funktionalisierung „polizeilicher Daten“ seien als Beispiele genannt.

Möchte man einen Crashkurs in polizeilichen Daumenschrauben erhalten, ist man am Stühlinger Kirchplatz goldrichtig: Die gefährlichen Orte mit ihren polizeirechtlichen Möglichkeiten der Kontrollen sind bereits genannt worden. Die machtvolle Polizeipräsenz mit fortwährenden Razzien kommt hinzu. Fast ist man verwundert, dass Videoüberwachung und Messerverbotszonen bislang nur seitens der Polizei dringend gefordert werden. Auch die im Seepark vorgeblich reüssierenden Nachtmediatoren müssen natürlich her. Immerhin werden schon die Hecken gestutzt, Zäune errichtet und verrichten Polizeihunde ihr Werk.

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Möchte man schließlich erfahren, was unter einem politisch-publizistischen Verstärkerkreislauf zu verstehen ist, den wir noch um ein drittes P, die Polizei, ergänzt haben, bietet der Stühlinger Kirchplatz reiches Anschauungsmaterial. 16 Treffer in unserem Newsletter seit 2015 machen deutlich, wie wir geradezu verzweifelt versuchen, gegen Baby Schimmerlos der Provinz, Joachim Röderer, und seine Kumpane anzuschreiben. Die in der Gazette der Badischen Zeitung besonders machtvollen und geadelten Kommentatoren geben ein weiteres beredtes Zeugnis ab, auf welch verlorenem Posten wir stehen.

Jetzt aber ist plötzlich Schluss mit diesem Kristallisationspunkt und Kriminalitätshotspot. Das muss der Freiburger Weg sein, nämlich aus einem den Mittelstand in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs grämenden Schandfleck der Stadt einen Wohlfühlort, einen Platz der Kulturen der Welt oder eine Art Dauermesse zu machen, bei der der betörende Duft von gebrannten Mandeln ebenso wie das unbeschwerte Lachen von Kindern in der Luft liegt. Damit wäre das unisono ausgegebene Ziel erreicht, sich den Platz zurückzuholen. Wir würden lieber ganz im Zeichen der Zeit von einer Zurückeroberung sprechen. Und alle Gruppierungen des Gemeinderats klopfen sich wechselseitig auf die Schultern, nicht ohne aber dann doch ein wenig miesepetrig und kleinkariert darauf zu verweisen, eigentlich stamme die Idee von einem selbst.

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Apropos miesepetrig: Wir fragen uns, ob es nicht auch noch etwas zwischen Drogenhölle und Europark light geben könnte. Und wir sind jetzt einmal ähnlich hartnäckig wie die Phalanx der kleingeistigen Schreiberlinge der Badischen Zeitung und verweisen auf einen Beitrag von Peer Stolle und RH im Kriminologischen Journal aus dem Jahre 2002, den wir wie folgt abschlossen (KrimJ 2002, 257, 271):

„Die Stadt war und ist immer ein Ort der Differenz, an dem verschiedene Schichten, Ethnien, Kulturen und Lebensstile aufeinandertreffen. Die­se soziale Heterogenität steht einerseits ex­emplarisch für die hohe Anziehungskraft und Attraktivität, die urbane Räume auf die Menschen ausüben, andererseits aber auch für Verunsicherungen und Ängste, die mit diesem Raum assoziiert werden. Ein rein von ökonomischen Verwertungsinteressen geleiteter Blick auf die Stadt wür­de ihre Bedeutungsvielfalt reduzieren und eine Ein­engung ihrer Nutzungs- und Zugangsmög­­lich­keiten bedingen.

Urbane Räume sind aber auch Orte der Kommunikation, der Freiheit, der Entfaltung und der Konfliktaustragung. Diesen Aspekt metropolitanen Lebens stärker in den Vordergrund zu rücken, erscheint vielversprechender, als zu versuchen, durch Ausschluss und Verstärkung staatlicher Kontrolle eine Homogenität zu erzeugen, die es nie gegeben hat und diejenigen ausschließt, die keine machtvollen Fürsprecher haben.“

Also weder umfassende hoheitliche Kontrolle noch fürsorgliche Vereinnahmung durch Gutmenschen. Vermutlich – Stichwort Kickl – ein bisschen zu hoch für unsere Machthabenden in Freiburg. Wir geben es gleichwohl zu Protokoll.

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