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Weg mit den Adelstiteln
Im Wahlkampf waren natürlich ganz andere Schlachten zu schlagen: Wie gelingt die Aufrüstung in Deutschland, wann verdienen wir endlich das Prädikat „kriegstüchtig“? Auf welche Weise können wir die Migranten als die Keimzelle von Gewalt aus dem Land fernhalten oder zumindest schleunigst wieder herausschaffen?
Vor diesem Hintergrund gestehen wir uns zähneknirschend ein, dass die Forderung der Linken nach einer Abschaffung von Adelstiteln vielleicht zu Recht ein wenig ins Hintertreffen geraten ist. Sympathisch ist sie uns allemal, wobei wir allerdings immer die vielleicht ein wenig arrogante Zuversicht hatten, Beatrix von Storch werde sich schon selbst über ihre Dummheit ein Bein stellen. Bei 21,9 % der Erststimmen in Berlin-Lichtenberg sind wir uns mittlerweile nicht mehr ganz so sicher. Ines Schwerdtner von den Linken lag aber immerhin mit 24,0 % vorn.
https://strafrecht-online.org/stern-adelstitel
Ein wenig weitergedacht lässt sich die Forderung nach einer Abschaffung von Adelstiteln aber gut in ein solidarisches finanzpolitisches Konzept einbetten, bei dem sich Privilegien und Macht eben nicht mehr auf Geburt oder glückliche Zufälle gründen. Und auch wenn wir wenig Hoffnung haben, bleibt die Aufgabe bestehen, gegen hartnäckige Mythen zu kämpfen, wonach eine Vermögensteuer den hart erarbeiteten Reichtum bestrafe. In Deutschland werden nach Schätzungen einer allerdings bereits älteren DIW-Studie jährlich 300 bis 400 Milliarden Euro und damit ca. 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vererbt oder verschenkt.
https://strafrecht-online.org/diw-studie-erben
Eine Reform des Erbschaft-, des Schenkung- und des Vermögensteuerrechts wäre dann doch keine Petitesse mehr, hat aber wegen aktueller globaler Verwerfungen auch derzeit wieder keine Konjunktur. Womit wir beim Ausgangspunkt unseres vitiösen Zirkels angelangt wären: Die äußere und die innere Sicherheit verlangen unsere ganze Konzentration und mindestens weitere 400 Milliarden Euro für das Militär, gezahlt wird später, irgendwie, nur eben nicht über diejenigen, die am lautesten nach diesem für die soziale Gerechtigkeit irrelevanten Kraftakt schreien. Und vielleicht wäre gerade der Fokus auf die soziale Frage für die innere Sicherheit weit wirkmächtiger als derjenige auf die Herkunft der Kriminalisierten. Unabhängig von dieser stets unterkomplexen funktionalen Frage erschiene ein solcher Fokus aber in jedem Fall menschenwürdegerecht. Vielleicht auch nicht schlecht.
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