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Oh, wie schön ist Uruguay
Moment mal. Heißt es nicht: „Oh, wie schön ist Panama“ und handelt von Kleiner Tiger und Kleiner Bär und ihrer vermeintlichen Reise nach Panama, wo alles besser und schöner als in ihrem Zuhause am Fluss sein sollte? Am Ende waren sie wieder an ihrem Ausgangspunkt angelangt, ohne dies zu realisieren, und zeigten sich überaus zufrieden.
Hierum geht es im Beitrag von Christoph Gurk allenfalls in dem Sinne, dass sich die Einwohner:innen von Uruguay eben in gleicher Weise überaus zufrieden zeigen, ohne allerdings auf die Idee gekommen zu sein, woanders ihr Glück zu suchen.
Aber Gurk hat eben ein Faible für eingängige Überschriften, schon diejenige „Schön langweilig“ aus dem letzten Jahr hat uns gefallen, die anlässlich der Wahlen in Uruguay einen Beitrag mit vergleichbarem Tenor einleitete.
https://strafrecht-online.org/nl-2024-12-20 [III.]
Aber uns liegt noch ein zweites „Moment mal“ auf der Zunge: Denn auch im Beitrag von Christoph Gurk wird nicht verschwiegen, dass Uruguay im Fußball mittlerweile kein Angstgegner mehr ist, die Mordrate doppelt so hoch wie in den USA ausfällt und der Wohlstand merklich gelitten hat.
Aber vergleichsweise sieht es noch immer sehr gut in Uruguay aus und Kleiner Tiger und Kleiner Bär hatten nach ihrer vermeintlichen Ankunft in Panama auch das eine oder andere zu richten.
Gurk führt die entspannte Ruhe und Gelassenheit als Grundbedingung für ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften unter frühzeitiger Nutzung erneuerbarer Energien an. Er verweist auf frühzeitige, fortschrittliche Weichenstellungen von der allgemeinen Schulpflicht bereits Ende des 19. Jahrhunderts bis hin zum Konsum von Cannabis als Vorbild für viele weitere Staaten. Und er hebt die strikte Trennung von Staat und Kirche hervor, die in Lateinamerika ein Alleinstellungsmerkmal ausmacht, die man aber etwa auch in Deutschland nach wie vor vergeblich sucht.
Der kürzlich verstorbene ehemalige Staatschef José Pepe Mujica, der in seinem klapprigen blauen VW-Käfer schon mal Anhalter mitnahm und weite Teile seines durchaus nicht üppigen Gehalts spendete, war für ein Land mit einer solchen Haltung gleichsam der perfekte Staatsdiener. Mehr als ein Jahrzehnt hatte er im Gefängnis verbracht, ohne im Anschluss die Junta-Verbrecher vor Gericht stellen zu wollen. Gerechtigkeit habe immer auch „den Gestank von Rache“. Viel wichtiger sei es, auf den Gegner zuzugehen.
Besser kann man die Kritik an den absoluten Straftheorien und die ertragreiche Suche nach Alternativen zur Strafe – etwa auch über Restorative Justice – in zwei Sätzen nicht umschreiben.
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Und so hat auch Mujica dazu beigetragen, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen Uruguays zu kräftigen, denen bei Weitem nicht alles gelingt, die aber eine für Lateinamerika außergewöhnliche Resilienz aufweisen und damit der glanzvolle Kontrapunkt zum grauenhaften Wirken von Javier Milei sind. Ganz schön langweilig, aber eben auch schön.
https://strafrecht-online.org/sz-uruguay-schoen
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