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Quod licet Iovi …
Mittlerweile werden natürlich wieder ganz andere Säue durchs Dorf getrieben, um so halbwegs im Bild einer lateinischen Sequenz zu bleiben: Quod licet Iovi, non licet bovi.
Wir dürfen mal übersetzen, obwohl die so bezeichnete Juristerei voller derartiger Weisheiten ist, die man offensichtlich zu kennen hat und die keiner weiteren Erläuterung bedürfen. Was dem Jupiter erlaubt ist, ist es dem Ochsen noch lange nicht.
In diesem Falle ist Annalena Baerbock Ochs und Sau in einem. Schon die Trennung von ihrem Mann im letzten Jahr hatte heftiges Stirnrunzeln hervorgerufen, musste sie doch einfach auf die unnachsichtigen und egoistischen Karrierepläne der Außenministerin zurückzuführen gewesen sein.
Jetzt aber geht sie offensichtlich endgültig gleich über einen ganzen Berg voller Leichen, indem sie Präsidentin der UN-Generalversammlung in New York werden will. Focus fragt ebenso reflexartig wie bezeichnend, was denn nun aus ihren Kindern werde. Und die Empörung ist groß, dass der flugs so titulierten „Top-Diplomatin“ Helga Schmid der ihr in Aussicht gestellte Job vom fiesen Drachen Mahlzahn entrissen worden sei.
In der Süddeutschen Zeitung werden insoweit zwei ebenso plausible wie allerdings auch nicht sonderlich innovative Begründungen für die Empörung genannt: So werde auf die Noch-Außenministerin vor allem deshalb eingehauen, weil sie eine Frau sei. Warum? Einfach nachschlagen unter „T wie Testosteron“, wie der Titel eines Buches von Carole Hooven lautet.
Oder auch: „Die Aufregung um die Personalie Baerbock ist in Wahrheit Teil einer gesellschaftlichen Regression in der westlichen Welt. In Zeiten, die längst überwunden zu sein schienen. Das ist das eigentlich Dramatische. Angetrieben von Typen wie Trump, Zuckerberg und Musk schnurrt die Welt zusammen auf den Kleingeist toxischer Männlichkeit.“
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Und so gibt es in Hierarchien innerhalb der Politik oder der Ökonomie gleich zwei Konstanten: Während die Spitze von mit (Ehr-)Furcht bedachten natürlich männlichen Risk Seekern bzw. Hasardeuren besetzt ist, denen Grenzüberschreitungen und Unberechenbarkeit zu Ruhm und Ehre gereichen, haben sich die unteren Chargen einzufügen und gilt es, ihnen Compliance und Business Ethics einzutrichtern.
Dass es derzeit so viele herausragende Beispiele für derartige Muster gibt, ist ebenso erschreckend wie Ausdruck der beschriebenen gesellschaftlichen Regression, also eines Zurückfallens in Denk- und Verhaltensweisen, die man überwunden zu haben glaubte.
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