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Vortragsreihe TACHELES
Kirche – Beste Geschäftsidee aller Zeiten
Referent
Veranstaltungsbeschreibung
21. Oktober 2019, 20 Uhr c.t., Kollegiengebäude I – Raum 1098
Wie konnte aus einer kleinen, neu gegründeten Glaubensgemeinschaft in einer unbedeutenden und abgelegenen Region des Imperium Romanum die bedeutendste (katholische) Weltreligion werden? Wie konnte sie diese Marktposition – trotz aller Krisen - bislang behaupten? Diesen Fragen widmet sich Dr. Carsten Frerk in unserer Tacheles-Veranstaltung am 21. Oktober 2019.
Carsten Frerk umschreibt das Konzept „Kirche“ als Marketingstrategie: Paulus, erster Marketingdirektor, der nicht nur die Marke Christentum formte, sondern auch im Direktmarketing äußerst erfolgreich war. Mit dem Umzug in die Hauptstadt (Rom) wird die Kirche dort und in der Branche zum Marktführer, der sich nicht aus dem religiösen Tempel, sondern aus der römischen Markthalle entwickelt. Die ‚Modernität‘ der traditionellen Kirche erweist sich in ihrer Konzeption wie ein heutiger klassischer Supermarkt.
C. Frerk umschreibt die Gestaltungsprinzipien als „corporate identity“ und die Kirchengebäude als „point of sales“, die traditionell in städtischen Bestlagen stehen. Es geht um die Konstruktion der Trennung von Laien und Klerus, das Konzept von „Schuld und Sühne“ und darum, wie man mit Whistleblowern umgeht, die das „Gesetz des Schweigens“ (Omerta) brechen wollen.
Es geht um die finanzverfassungsrechtliche Einmaligkeit der Geschäftspartnerschaft der christlichen Kirchen mit dem deutschen Staat, mit der die kirchlichen Milliardeneinnahmen und -umsätze abgesichert werden.
C. Frerk überrascht auch Kundige durch die Fülle von Themen und Facetten. Er skizziert ernsthaft, wenn auch mit der notwendigen heiteren Gelassenheit, eine Geschichte der Kirche, die nur selten zu hören ist – passend zum 100-Jährigen Jubiläum der Nichterfüllung des Verfassungsbefehls der Trennung von Staat und Kirche in der Weimarer Reichsverfassung und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Zum Referenten: Dr. Carsten Frerk, Jahrgang 1945, Studium der Politikwissenschaft in Freiburg und Berlin (Dipl. Pol.), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin (Dr. rer. pol.). Freier Autor und Publizist; zuletzt erschienen „Violettbuch Kirchenfinanzen. Wie der Staat die Kirchen finanziert“ (2010), „Gottes Werk und unser Beitrag. Kirchenfinanzierung in Österreich“ (zus. mit Christoph Baumgarten, 2012) sowie „Kirchenrepublik Deutschland. Christlicher Lobbyismus“ (2017). Bis 2013 war er Chefredakteur des Humanistischen Pressedienstes. Aktuell ist er Leiter der außeruniversitären Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid.de).