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Putativnotwehrexzess







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Putativnotwehr; Notwehrexzess; Putativnotwehrexzess; Notwehr; Irrtum


Problemaufriss


Unter einem Putativnotwehrexzess ist die Fallkonstellation zu verstehen, in der sich der Täter irrig das Bestehen einer Notwehrlage vorstellt und seine Verteidigungshandlung selbst bei hypothetischem Bestehen nicht gerechtfertigt wäre, weil sie über das zur Verteidigung erforderliche hinausgeht. Damit befindet sich der Täter nicht in einem Erlaubnistatumstandsirrtum, da der Täter nach seiner irrigen Vorstellung nicht gerechtfertigt wäre. In diesen Fällen ist fraglich, ob eine Entschuldigung des Täters nach § 33 in Betracht kommt, wenn der Täter die tatsächlich nicht bestehende Notwehrbefugnis aufgrund eines asthenischen Affektes überschreitet.


Problembehandlung


Ansicht 1: Nach herrschender Meinung kommt § 33 komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Norm auf § 32 aufbaut und einen tatsächlichen Angriff voraussetze (BGH NStZ 2016, 333 (334); Rengier Strafrecht AT, 15. Aufl. 2023, § 27 Rn. 29 ff.). Diese Konstellation ist vielmehr ein sog. Doppelirrtum (hier irrt sich der Täter auf tatsächlicher und rechtlicher Ebene), der als Verbotsirrtum zu behandeln ist. (Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, 53. Aufl. 2023, Rn. 707 f.)
 
Ansicht 2: Nach anderer Auffassung kommt eine analoge Anwendung des § 33 auf den Putativnotwehrexzess in Betracht (aber auch nur dann), wenn das Opfer den Irrtum über die Rechtfertigungslage des Täters zu verantworten hat und der Irrende schuldlos ist - beispielsweise bei Vortäuschen eines Angriffs durch das Opfer. (Roxin/Greco Strafrecht AT I, 5. Aufl. 2020, § 22 Rn. 96; (MüKo/Erb, 4. Aufl. 2020, § 33 StGB Rn. 18)  
 
Kritik: Gegen die analoge Anwendung spricht der Umstand, dass § 33 auf § 32 aufbaut und bei dem Putativnotwehrexzess die für § 33 charakteristische Unrechtsminderung fehlt, weil sich die Tat nicht gegen eine Person richtet, die sich zuerst auf die Seite des Unrechts begeben hat. (Kühl Strafrecht AT, 8. Aufl. 2017, § 12 Rn. 156; Rengier Strafrecht AT, § 27 Rn. 30).















Die Seite wurde zuletzt am 17.6.2024 um 12.59 Uhr bearbeitet.



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