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Irrtum über einen persönlichen Strafausschließungsgrund

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### **Tags** Irrtum; Strafausschließungsgrund; strafausschließend ### **Problemaufriss** Persönliche Strafausschließungsgründe sind gesetzlich normierte Umstände, die zur Straflosigkeit führen, wenn sie bereits bei Begehung der Tat vorgelegen haben. Hierzu zählen bspw. die Beteiligung an der Vortat bei Begünstigungs- (<strong>[§ 257 III](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__257.html)</strong>) und Strafvereitelungshandlungen (<strong>[§ 258 V](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__258.html)</strong>), die Indemnität von Abgeordneten (<strong>[§ 36](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__36.html)</strong>) oder das Angehörigenverhältnis im Fall der Strafvereitelung (<strong>[§ 258 VI](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__258.html)</strong>). Nimmt der Täter irrig einen solchen Strafausschließungsgrund an, so ist fraglich, wie ein solcher Irrtum zu bewerten ist.   **Beispiel:** A und B begehen in unregelmäßigen Abständen gemeinschaftlich Einbruchdiebstähle, bei denen sie zahlreichen Schmuck erbeuten. Eines Tages bittet A den B, um die Aufbewahrung einer besonders wertvollen Kette, da man ihm "auf der Spur" sei. B geht davon aus, dass die Kette bei einem ihrer gemeinsamen Einbrüche erbeutet wurde. Tatsächlich hat A die Kette jedoch allein gestohlen. Durch die Aufbewahrung der Kette könnte sich B der Begünstigung gem. **[§ 257](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__257.html)** strafbar gemacht haben. Allerdings würde B gem. § 257 III nicht bestraft, wenn seine Vorstellung über die Beteiligung an der Vortat richtig wäre. ### **Problembehandlung** <strong>Ansicht 1</strong>: Eine Ansicht hält für die Annahme eines Strafausschließungsgrundes allein die **objektive Sachlage** für entscheidend. Die persönlichen Strafausschließungsgründe seien objektive Straflosigkeitsbedingungen jenseits von Unrecht und Schuld und brauchen daher vom Vorsatz des Täters nicht umfasst zu werden (RGSt 61, 270 (271); BGHSt 23, 281) Ein Irrtum darüber sei daher unbeachtlich.   **Kritik:** Manche Strafausschließungsgründe beruhen gerade darauf, dass der Täter sich in einer notstandsähnlichen Konfliktlage befindet. Liegt daher ein Irrtum über diese Konfliktlage vor, so befindet sich der Täter in der gleichen seelischen Situation, so z.B. bei der Strafvereitelung zugunsten eines Angehörigen. (<em>Wessels/Beulke/Satzger</em> Strafrecht AT, 53. Aufl. 2023, Rn. 789)   **Ansicht 2:** Die inzwischen **h.M.** **differenziert** nach dem jeweiligen Strafausschließungsgrund: Soweit der Strafausschließungsgrund staatspolitischen Belangen (z.B. bei § 36 StGB) diene oder auf kriminalpolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen (z.B. bei 173 III StGB) beruhe, sei der Irrtum unbeachtlich. Ein Irrtum sei dagegen beachtlich, wenn der Strafausschließungsgrund eine notstandsähnliche Motivationslage oder einen verminderten Schuldgehalt der Tat berücksichtige (z.B. § 258 VI StGB). (<em>Joecks/Kulhanek</em>, Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 16 Rn. 10 ff.; *Rengier* Strafrecht AT, 15. Aufl. 2023, § 32 Rn. 5 f.; *Wessels/Beulke/Satzger* Strafrecht AT, Rn. 787 ff.; Schönke/Schröder/<em>Sternberg-Lieben/Schuster</em> StGB, 30. Aufl. 2019, § 16 Rn. 34; Lackner/Kühl/<em>Heger</em> StGB, 30. Aufl. 2023, § 258 Rn. 17).

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