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Rechtswidriges Vorverhalten

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**Tags** Rechtfertigung; Notwehr; Provokation; leichtfertig; sonstige; Angriffsprovokation **Problemaufriss** **Beispiel:** T und O prügeln sich in der Abwesenheit des W in dessen Gaststätte und richten dabei unter anderem einige Sachschäden an. Kurz nach der Schlägerei geht T nach Hause und macht sich bettfertig. Als W in die Gaststätte zurückkehrt und feststellt, dass sein halbes Mobiliar zerstört ist, erzählen ihm O und einige andere Gäste, dass T der Urheber der Schlägerei gewesen sei. Erbost ruft W den T an und stellt ihn zur Rede. T bestreitet alle Schuld und gibt dem W laut fluchend zu verstehen, dass er gleich vorbeikommen würde, um die Sache ein für alle Mal zu klären. Im Hintergrund kann W vernehmen, wie T zornig Porzellan zerstört. Vorsorglich schließt er deshalb die Gaststätte ab und sagt dem streitlustigen O, der sich in der Zwischenzeit mit einem Billard-Queue bewaffnet hat, dass er unbedingt in der Gaststätte bleiben solle. Als T kurze Zeit später aufkreuzt, klettert O jedoch aus einem Fenster und beginnt mit den Fäusten (und nicht mit dem Queue!) auf T einzudreschen. T sticht dem O mit einem mitgebrachten Küchenmesser in den Bauch. O erleidet schwere Verletzungen (angelehnt an BGHSt 26, 143). Ist das Verhalten des T durch § 32 StGB gerechtfertigt? **Problembehandlung** In der hier behandelten Fallgruppe geht es nicht um die Konstellation, in der es dem Täter von vornherein darauf ankam, einen Angriff zu provozieren, **um** den Angreifer dann unter dem Deckmantel der Notwehr schädigen zu können (sog. <strong>["Absichtsprovokation"](https://strafrecht-online.org/problemfelder/at/rw/notwehr/absichtsprovokation/)</strong>). Allerdings hat T hier das Entstehen der Notwehrlage durch rechtswidriges Vorverhalten provoziert, sodass sich ähnlich wie bei der Absichtsprovokation die Frage stellt, ob sein Notwehrrecht einzuschränken ist.   **Ansicht 1:** Die **h.M.** nimmt an, dass bei der Herbeiführung einer Notwehrlage durch rechtswidriges Vorverhalten die Notwehrbefugnisse des Täters nach der sog. Dreistufenlehre beschränkt sind. Der Täter müsse zunächst versuchen, dem Angriff auszuweichen. Gelingt dies nicht, dürfe er auf die passive Schutzwehr zurückgreifen. Erst, wenn dies auch nicht ausreicht, sei er zur Trutzwehr befugt (vgl. BGH NJW 1975, 1423, 1424). Der Täter müsse sich zuerst an ein verfügbares milderes Abwehrmittel halten, auch wenn nicht von vornherein sichergestellt ist, dass dadurch der Angriff endgültig abgewehrt werden kann. Derjenige, der sich selbst in schuldhaft vorwerfbarer Weise in eine Notwehrlage bringt, müsse sich in der Ausübung seines Notwehrrechts entsprechend zurückhalten. (BGHSt 26, 143) Grundsätzlich gelte hierbei: Je schwerer die rechtswidrige und vorwerfbare Verursachung der Notwehrlage durch den Angegriffenen wiegt, umso mehr Zurückhaltung ist ihm bei der Abwehr zuzumuten; andererseits sind die Beschränkungen des Notwehrrechts umso geringer, je schwerer das durch den Angriff drohende Übel einzustufen ist. (BGH NStZ 2002, 425). Ein weiterer Grund für die Einschränkung liege im Rechtsbewährungsinteresse, welches im Falle eines provozierten Angriffs geringer sei, als bei einem Angriff, zu dem es keinerlei Veranlassung gab (<em>Roxin/Greco</em> Strafrecht AT I, 5. Aufl. 2020, § 15 Rn. 69).   **Ansicht 2:** Nach einer anderen Meinung ist bei rechtswidrig provozierten Notwehrlagen auf die Rechtsfigur der actio illicita in causa zurückzugreifen. Das Notwehrrecht soll also bestehen bleiben, der Täter jedoch wegen der schuldhaften Herbeiführung des von ihm verursachten Erfolgs als Fahrlässigkeitstäter bestraft werden (<em>Baumann</em> MDR 1962, 349 f<em>; Arzt</em> FS Schaffstein 77, 83).   **Kritik:** Dagegen wird eingewandt, dass die Konstruktion einer actio illicita in causa schon deshalb nicht überzeuge, weil die Provokation der Vorbereitung einer nach § 32 rechtmäßigen Verteidigung dient, so dass nicht einzusehen sei, warum sich die Rechtswidrigkeit des Verhaltens gerade aus diesem Umstand ergeben soll (Leipziger Kommentar StGB/<em>Rönnau/Hohn</em>, 13. Aufl. 2019, § 32 Rn. 251).     <br>

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