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Anforderungen an das subjektive Rechtfertigungselement







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subjektives Element; Verteidigungswille; subjektives Rechtfertigungselement; Notwehr


Problemaufriss


Bis auf wenige Ausnahmen ist man sich darüber einig, dass die Rechtfertigungsgründe neben den objektiven Voraussetzungen auch ein subjektives Element beinhalten. Umstritten ist, welche Anforderungen an diese subjektive Komponente gestellt werden müssen.


Problembehandlung


Ansicht 1: Die – noch – h.M. (BGHSt 2, 111, 114; Fischer StGB, 71. Aufl. 2024, § 32 Rn. 25; Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, 53. Aufl. 2023, Rn. 547 f.) verlangt sowohl die Kenntnis von der Notwehrlage als auch einen Verteidigungswillen, d.h. den Willen, zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. Ausreichend sei dabei jedoch, dass der Wille zur Angriffsabwehr neben anderen Motiven nicht völlig in den Hintergrund trete (BGH NStZ 1996, 29; NJW 2013, 2133, 2135; dazu Brüning ZJS 2013, 511; Jäger JA 2013, 708). Dafür spreche der Wortlaut des § 32 ("um ... zu").


Kritik: Gegen das Erfordernis eines Verteidigungswillen spricht, dass es für den zur Strafbarkeit führenden (bedingten) Vorsatz genügt, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Spiegelbildlich muss dann für den die "Strafbarkeit ausschließenden Vorsatz" auch genügen, dass der Täter das Vorliegen einer Rechtfertigungslage für möglich hält und darauf vertraut. Schließlich führt das Erfordernis eines Verteidigungswillens i.S. eines Willens, zur Gefahrenabwehr tätig zu werden, zu einer Negativbewertung der inneren Einstellung des Täters und damit zu einem verfassungsrechtlich verbotenen Gesinnungsstrafrecht. Der Täter würde nur deshalb bestraft, weil er das Erlaubte nicht mit der "richtigen" Einstellung tut.


Ansicht 2: Die nunmehr  h.L. (Kühl Strafrecht AT, 8. Aufl. 2017, § 8 Rn. 183; Stratenwerth/Kuhlen Strafrecht AT, 6. Aufl. 2011, § 9 Rn. 149 f.; Roxin Strafrecht AT I, 4. Aufl. 2006, § 14 Rn. 97; LK/Rönnau/Hohn, 13. Aufl. 2019, § 32 Rn. 266) sieht das subjektive Rechtfertigungselement schon als gegeben an, wenn der Täter Kenntnis vom Vorliegen einer Rechtfertigungslage hatte.


Kritik: Der Wortlaut der Rechtfertigungsgründe, insb. die Formulierung des § 34 StGB ("um … zu"), legt das Erfordernis eines Finalzusammenhangs nahe. Außerdem sei es nicht angemessen, den aus rechtsfeindlichen Bestrebungen Handelnden als im Einklang mit dem Recht Handelnden anzusehen, denn von einer Bewährung des Rechts kann nicht die Rede sein, wenn der Täter dessen Bewährung nicht will.


Anschließend relevant: Folgen des Fehlens des subjektiven Rechtfertigungselements















Die Seite wurde zuletzt am 19.4.2024 um 10.06 Uhr bearbeitet.



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