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Mittäterschaft nach Vollendung und vor Beendigung der Tat (sukzessive Mittäterschaft)







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Sukzessive Mittäterschaft; Mittäterschaft; sukzessiv; Vollendung; Beendigung; nachträglich


Problemaufriss


Ein gemeinsamer Tatplan ist Voraussetzung für die Mittäterschaft nach § 25 II. Wenn ein Tatplan nicht bereits bei Tatbeginn vorlag, sondern erst später beschlossen wird, spricht man von sukzessiver Mittäterschaft.


So ergeben sich unterschiedliche zeitliche Konstellationen der Mittäterschaft (Rengier Strafrecht AT, 15. Aufl. 2023, § 44 Rn. 36 ff.):



  • Versuchsstadium (bis Vollendung): Sukzessive Mittäterschaft möglich. Der Tatplan erfolgt, nachdem ein Täter sich bereits in der strafbaren Versuchsphase bewegt. Das Delikt soll gemeinsam beendet werden.

  • Dauerdelikt (z.B. § 239): Sukzessive Mittäterschaft möglich. Der Tatplan erfolgt, nachdem der Dauerzustand bereits herbeigeführt wurde. Der Dauerzustand soll gemeinsam aufrechterhalten werden.

  • Nach Vollendung und vor Beendigung: Annahme einer sukzessiven Mittäterschaft ist umstritten.

  • Nach Beendigung: Sukzessive Mittäterschaft ist ausgeschlossen.


Umstritten ist demnach die Konstellation, in der sich jemand mit dem Haupttäter zu einem Zeitpunkt verabredet, zu dem die Haupttat zwar formell vollendet, nicht aber materiell beendet ist.


Zur Erinnerung:
Vollendung (= formelle Vollendung): Der Täter hat alle im gesetzlichen Tatbestand angeordneten objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht.
Beendigung (= materielle Beendigung): Das strafbare Unrecht hat seinen Abschluss gefunden.
 
Beispiel:  A betritt auf seiner Diebestour durch eine unverschlossene Hintertür eine Lagerhalle, in der Computer aufbewahrt werden. Nachdem er eine größere Menge Laptops aus der Halle herausgeschafft und in einem Gebüsch zum Abtransport bereitgelegt hat, ruft er seinen Freund B an, damit dieser mit dem Wagen vorbeikommet und die Geräte abholt. B macht sich sogleich auf den Weg zur Halle, lädt die Laptops ein und verbringt sie zur Wohnung des A. Dort teilen sich A und B die Beute.
Durch das Herausschaffen der Laptops hat A § 242 bereits vollendet, beendet wurde das Delikt erst durch das Verschaffen in die Wohnung (BeckOK StGB/Wittig, 61. Edition 2024\, § 242 Rn. 46).Fraglich ist daher\, ob B als Mittäter dieses Diebstahls zu bestrafen ist.


Problembehandlung


Ansicht 1: Die Rechtsprechung. sieht eine sukzessive Mittäterschaft auch in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung noch als möglich an (BGHSt 2, 344; BGH NStZ 1984, 548; BGH NStZ 1996, 227, 228; BGH NStz 2008, 280). Das ergebe sich aus einer subjektiven Begründung der Rspr.: Wenn der Täter in Billigung des bisherigen Geschehens als Mittäter eintrete, dann bezieht sich sein Einverständnis auf den Gesamtplan. Dieses Einverständnis habe dann die Kraft, das gesamte Handeln zuzurechnen.
 
Kritik: Dieses Verständnis verstößt gegen den Wortlaut des § 25 II. Danach wird ein gemeinschaftliches „Begehen“ der Straftat gefordert. Im Falle der Vollendung ist die Straftat jedoch bereits „begangen“. Damit liegt ein Verstoß gegen Art. 103 II GG vor. Ein weiterer Verstoß gegen Art. 103 II GG liegt darin, dass die Tatbegehung über die Bestimmungen im jeweiligen Delikt hinaus erweitert würde (im Straftatbestand sind nur die Merkmale der Vollendung aufgelistet). Zudem hat der Gesetzgeber in §§ 257, 258 für diese Phase nach der Vollendung spezielle Vorschriften geschaffen. Auch ist der Zeitpunkt der Beendigung nicht eindeutig festzulegen, sodass nach dieser Ansicht eine erhebliche Ausdehnung der Strafbarkeit drohen würde (Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, 52. Aufl. 2023, Rn. 838; Kühl Strafrecht AT, 8. Aufl. 2017, § 20 Rn. 127).
 
Ansicht 2:  Auf Grundlage der Tatherrschaftslehre ist eine sukzessive Mittäterschaft nach Vollendung nicht möglich (Roxin Strafrecht AT II, 2003, § 25 Rn. 221; Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, Rn. 838; Kühl Strafrecht AT, § 20 Rn. 127). Ist das Delikt im Zeitpunkt des Eintritts des fraglichen Beteiligten bereits vollendet und das tatbestandlich umschriebene Verhalten damit abgeschlossen, so könne er dieses nicht mehr beherrschen. Eine Beherrschung der Tat, als Voraussetzung für die Mittäterschaft, sei nur bis zu ihrer Vollendung möglich.
 
Hinweis: Während es im vorliegenden Fall um die Frage der Zurechnung nach § 25 II zur Strafbarkeit des vollendeten Deliktes geht, kann es auch um die Zurechnung von qualifizierenden Erschwernisgründen gehen, die bereits vollständig abgeschlossen sind (Rengier Strafrecht BT I, 26. Aufl. 2024, § 7 Rn. 47).















Die Seite wurde zuletzt am 14.10.2024 um 17.15 Uhr bearbeitet.



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