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Mittelbare Täterschaft bei absichtslosem Werkzeug







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absichtslos doloses Werkzeug; normative Tatherrschaft; Tatherrschaft; qualifikationsloses doloses Werkzeug; Absicht; Absichtsstraftat; Zueignungsabsicht; Gänsebuchtfall; Drittzueignungsabsicht; Anstiftung; Strafbarkeitslücke; mittelbare Tatherrschaft


Problemaufriss


Bei Tatbeständen, die als subjektives Element neben dem Vorsatz zusätzlich eine Absicht verlangen, ist die Konstellation denkbar, dass der Tatmittler zwar vorsätzlich, aber ohne die erforderliche Absicht agiert, der mittelbare Täter aber die zusätzliche Absicht hat. Fraglich ist, ob in diesem Fall eine mittelbare Täterschaft angenommen werden kann. Diese Konstellation wird vor allem im Zusammenhang mit der Zueignungsabsicht von § 242 diskutiert, wenn der Tatmittler weder Selbst- noch Drittzueignungsabsicht hat, sondern die Aneignung gleichgültig ist und es diesem lediglich darauf ankommt, den Eigentümer zu ärgern (Rengier Strafrecht BT I, 26. Aufl. 2024, § 2 Rn. 173).
 
Beispiel: B fordert den A auf, die Gänse aus der Gänsebucht des O in seinen Stall zu treiben. A öffnet die Tür und treibt die Gänse in den Stall des B. Das Schicksal der Gänse ist dem A aber völlig egal. Ihm kommt es nur darauf an, dem O, mit dem er aufgrund eines alten Streits noch eine Rechnung offen hat, Schaden zuzufügen (Beispiel nach RGSt 48, 58).
A hat sich nicht gem. § 242 strafbar gemacht, da er weder Selbst- noch Drittzueignungsabsicht hat. Eine Strafbarkeit des B wegen Anstiftung scheidet aus, da keine strafbare Haupttat vorliegt. Eine mittelbare Täterschaft aufgrund überlegenen Wissens kommt aufgrund der vorsätzlichen Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des A nicht in Betracht.


Problembehandlung


Ansicht 1: Die herrschende Meinung bejaht in derartigen Fällen eine normative Tatherrschaft des Hintermannes. Demnach habe nicht nur derjenige Tatherrschaft, der die tatsächliche Tatherrschaft innehat, sondern auch derjenige, der die erforderliche deliktsspezifische Absicht besitzt und mit dieser auf den bloß vorsätzlich – ohne eben diese Absicht – handelnden Tatmittler einwirkt (Kühl Strafrecht AT, 8. Aufl. 2017, § 20 Rn. 55; Rengier Strafrecht AT, 15 Aufl. 2023, § 43 Rn. 22; Lackner/Kühl/Heger StGB, 30. Aufl. 2023, § 25 Rn. 4a).
 
Kritik: Zur Begründung auf die Tatherrschaftslehre zurückzugreifen erscheint in solchen Fällen sehr zweifelhaft, da gerade nur der Ausführende die Herrschaft über die Tatausführung hat (Roxin Strafrecht AT II, 2003, § 25 Rn. 153).
 
Ansicht 2: Die Gegenansicht lehnt die Konstruktion einer normativen Tatherrschaft in dieser Konstellation ab (Roxin Strafrecht AT II, § 25 Rn. 153 f.; Wessels/Hillenkamp/Schuhr Strafrecht BT II, 46. Aufl. 2023, § 2 Rn. 172).
 
Kritik: Diese Lösung wird der Tatsache nicht gerecht, dass der Hintermann die Tatbestandsverwirklichung über den Vordermann herbeiführt und gewährleistet keine lückenlose Strafverfolgung (Kühl Strafrecht AT, § 20 Rn. 55; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, 30. Aufl. 2019\, § 25 Rn. 19).
 
Lösung Beispiel: B will sich die Gänse des O zueignen. A hat weder Selbst- noch Drittzueignungsabsicht. A hat sich damit nicht nach § 242 I strafbar gemacht.
Nach Ansicht 1 setze B den A als absichtsloses doloses Werkzeug ein und habe normative Tatherrschaft. B habe sich wegen Diebstahls gem. §§ 242, 25 I Alt. 2 strafbar gemacht. A habe sich dann gem. §§ 242 I25 I Alt. 227 I wegen Beihilfe zum Diebstahl in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht.
Nach Ansicht 2 habe sich B nicht wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 242 I25 I Alt. 2 strafbar gemacht. B habe sich jedoch, indem er sich die Gänse zueignete, wegen Unterschlagung gem. § 246 I strafbar gemacht. A habe sich dann wegen Beihilfe zur Unterschlagung gem. §§ 246 I27 I strafbar gemacht.















Die Seite wurde zuletzt am 28.10.2024 um 16.28 Uhr bearbeitet.



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