dolus directus
Tags
Vorsatz; direkter Vorsatz; dolus directus; Absicht; Wissentlichkeit
Problemaufriss
Vorsatz ist allgemein Wissen und Wollen der Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale. Verlangt wird somit, dass der Täter eine Entscheidung gegen das von der Strafnorm geschützte Rechtsgut trifft (Kühl Strafrecht AT, 8. Aufl. 2017, § 5 Rn. 28). Das kognitive und das voluntative Element des Vorsatzes können in unterschiedlicher Abstufung auftreten. Dementsprechend werden verschiedene Formen des Vorsatzes unterschieden, dolus eventualis (siehe hierzu das Problemfeld hier) und dolus directus. Der dolus directus wiederum findet sich in Form der Absicht (dolus directus 1. Grades) oder der Wissentlichkeit (dolus directus 2. Grades).
Beispiel 1: A schießt auf den ihm verhassten B, um ihn zu töten.
Beispiel 2: A zündet seine Scheune an, um die Versicherungssumme einzustreichen und so seine Schulden zu bezahlen. Dabei weiß er mit Sicherheit, dass sich der C noch in der Scheune befindet und sie nicht mehr rechtzeitig verlassen kann. Obwohl es ihm um den C Leid tut, führt er seinen Plan fort und setzt das Gebäude in Brand.
Problembehandlung
I. Absicht
Die Absicht (dolus directus 1. Grades) ist durch ein besonders starkes Willenselement gekennzeichnet. Es kommt dem Täter gerade auf die Schädigung des Rechtsguts an; er erstrebt den tatbestandsmäßigen Erfolg als Ziel (Kühl Strafrecht AT, § 5 Rn. 33). In Beispiel 1 will A den B gerade töten. Er handelt also mit Absicht.
Die Absicht (Gelangen an die Versicherungssumme in Beispiel 2) muss nicht zwangsläufig zugleich das Motiv (Wunsch, die Schulden bezahlen zu können) sein. Unter den dolus directus 1. Grades fallen auch für das Endziel des Täters notwendige Zwischenziele (in Abgrenzung zu reinen Nebenfolgen), so in Beispiel 2 das Anzünden der Scheune. Nicht jedoch der Tod des C; insoweit liegt "lediglich" dolus directus 2. Grades vor.
Im Gesetz sind ist Wort "Absicht" oder eine ähnliche Formulierung nicht immer im beschriebenen technischen Sinn zu verstehen. Es kann sich auch um ein neben dem Vorsatz notwendiges subjektives Merkmal wie z.B. die Zueignungsabsicht in § 242 handeln. Bei für einen Dritten ungünstigen Positionen reicht oftmals Wissentlichkeit als "Absicht" aus, z.B. bei § 164 StGB.
II. Wissentlichkeit
Charakteristisch für die Wissentlichkeit (dolus directus 2. Grades) ist ein intensives Wissenselement. Der Täter sieht den Erfolg als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintretend voraus. Dabei ist es irrelevant, ob der Erfolg an sich erwünscht ist. In Beispiel 2 weiß A sicher , dass C in den Flammen sterben wird. Dies ist eine zwangsläufige Nebenfolge seines Tuns. Sein Bedauern ändert nichts an der Wissentlichkeit. In Fällen einer unbeabsichtigten sicheren Nebenfolge eines absichtlichen Handelns, in denen die beabsichtigte Hauptfolge nicht mit Sicherheit eintreten wird, nimmt man gleichfalls einen dolus directus 2. Grades an (LK/Vogel/Bülte, § 16 Rn. 95). Im Gesetz ist die Erforderlichkeit der Wissentlichkeit mit "wissentlich" (§ 258) bzw. "wider besseren Wissens" (§ 164) umschrieben.
Die Seite wurde zuletzt am 30.3.2023 um 19.15 Uhr bearbeitet.
Dein Kommentar