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Verfolgung außertatbestandlicher Ziele (Denkzettelfälle)

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### Tags Denkzettel; Rücktritt; Versuch; vollendete Tat; Einzelaktstheorie ### Problemaufriss **Beispiel:** A stößt dem körperlich klar unterlegenem B ein Messer in den Bauch, um ihm einen "Denkzettel" zu verpassen. A nimmt bei seiner Handlung den Tod des B billigend in Kauf. Nach dem ersten Stich nimmt A von B im Wissen darum Abstand, dass B nicht lebensgefährlich verletzt ist und er noch mehrere Male auf B hätte einstechen können (<em>Rengier,</em> AT, 11. Aufl. 2019, [§ 37](https://dejure.org/gesetze/StGB/37.html) Rn 59). Umstritten ist, ob A wirksam von einem versuchten Totschlag zurückgetreten ist, da A dem B nur einen Denkzettel verpassen wollte und damit sein beabsichtigtes Ziel mit der gefährlichen Körperverletzung bereits erreicht hat. Fraglich ist, ob dies der erforderlichen "Aufgabe der weiteren Tatausführung" gem. [§ 24](https://dejure.org/gesetze/StGB/24.html) I Var. 1 entgegensteht. ### Problembehandlung **Ansicht 1:** Ein Teil der Literatur, hält, wie auch die ältere Rechtsprechung, einen Rücktritt für ausgeschlossen. Derjenige, der sein Handlungsziel erreicht hat, vermöge dies auch nicht mehr aufzugeben, weil eine Weiterhandlung für den Täter sinnlos wäre (<em>Roxin</em> Strafrecht AT II, 2003, § 30 Rn. 59). **Kritik:** Verwehrt man die "goldene Brücke" zur Straffreiheit, kann dies dazu führen, dass der Täter das geschützte Rechtsgut noch weiter verletzt, z.B. um den einzigen Zeugen zu beseitigen. Aus Opferschutzgründen ist daher eine weitergehende Rücktrittsmöglichkeit geboten (BGH [NStZ 1989, 317](https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NStZ+1989%2C+317)). **Ansicht 2:**  Andere bejahen nur dann eine Rücktrittsmöglichkeit, wenn der Täter zuvor absichtlich - hier mit Blick auf die Tötung - gehandelt hat. Denn nur bei einem absichtlich handelnden Täter komme es zu einer wirklichen "Umkehr" bzw. "Rückkehr" in die Legalität, welche allein die Zubilligung des Rücktrittsprivilegs rechtfertige (<em>Puppe</em> Strafrecht AT, 2. Aufl. 2011, § 21 Rn. 10). **Kritik:** Eine Privilegierung des Absichtstäters gegenüber einem Täter, der mit einem Minus im subjektiven Tatbestand handelt (dolus eventualis), erscheint in Hinblick auf die stärkere kriminelle Energie des Ersteren systemwidrig (<em>Wessels/Beulke/Satzger</em> Strafrecht AT, 49. Aufl. 2019, § 17 Rn. 1048). **Ansicht 3:** Nach einer Entscheidung des großen Senats für Strafsachen und der herrschenden Meinung ist ein Rücktritt vom unbeendetem Versuch auch dann möglich, wenn der Täter von weiteren Handlungen absieht obwohl er sein außertatbestandliches Ziel schon erreicht hat ([BGHSt 39, 221](https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGHSt+39%2C+221)). Nach dem Wortlaut des [§ 24 I S. 1](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__24.html) muss der Täter die "Tatausführung" aufgeben, welche nur das tatbestandsmäßige Verhalten, nicht hingegen die Tat im rechtlich-sozialen Sinn umfasse (<em>Kindhäuser</em> Strafrecht AT, 8. Aufl. 2017, § 32 Rn. 18). **Kritik:** Es ist kriminalpolitisch nicht sinnvoll, dem Täter einen Rücktritt zu ermöglichen und damit Straffreiheit zuzubilligen, nur weil er sich nicht zu strafrechtlich relevanten Taten motiviert fühlt, die er ohnehin nie final gewollt hatte (<em>Roxin</em> Strafrecht AT II, § 30 Rn. 60).

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