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Rücktritt vom erfolgsqualifizierenden Versuch nach Eintritt der schweren Folge







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Versuch; Erfolgsqualifikation; schwere Folge; Rücktritt


Problemaufriss


Ist der Rücktritt von einem erfolgsqualifizierten Versuch nach Eintritt der schweren Folge möglich?


Beispiel (nach BGH NJW 1996, 2663): A und B sind in das Haus des E eingedrungen, um Sachen zu stehlen. Dabei führen sie eine Pistole mit sich, um Störer einschüchtern zu können. Als sie von E überrascht werden, bedrohen sie diesen mit der Pistole. Hierbei löst sich ungewollt ein tödlicher Schuss. Daraufhin verlassen die beiden den Tatort, ohne etwas mitgehen zu lassen. Fraglich ist, ob A und B strafbefreiend vom versuchten Raub mit Todesfolge (§§ 249 I, 251, 25 II, 22, 23 I) zurückgetreten sind.


Problembehandlung


Ansicht 1: Ein Rücktritt vom erfolgsqualifizierten Versuch nach Eintritt der schweren Folge ist nicht möglich (Roxin Strafrecht AT II, 2003, § 30 Rn. 288 f.). Bereits mit dem Verursachen der schweren Folge sei ein "wesentliches Teilstück" vollständig verwirklicht. Somit sei die Tat materiell (der Sache nach) vollendet und ein Rücktritt scheide bereits begrifflich aus.


Beispiel: A und B wären also gem. §§ 249 I, 251, 25 II, 22, 23 I zu bestrafen.


Kritik: Der Wortlaut des § 24 spricht von "der Tat", womit die Versuchstat der §§ 22 - 24 gemeint ist. Durch den Eintritt der schweren Folge werden Grunddelikt und die schwere Folge jedoch nicht zu einer Einheit. Ein Rücktritt muss somit bis zur formellen Vollendung der Tat möglich sein, welche jedoch erst mit der Erfüllung aller objektiven Merkmale des Tatbestandes (Grunddelikt und Erfolgsqualifikation) vorliegt. Ein Ausschluss des Rücktritts würde zudem zu Lasten des Täters gehen, was einen Verstoß gegen Art. 103 II GG darstelle (BGH NJW 1996, 2663, 2664).


Ansicht 2: Ein Rücktritt ist trotz Eintritt der schweren Folge möglich (Fischer StGB, 67. Aufl. 2020, § 24 Rn. 28; Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, 50. Aufl. 2020, Rn. 1086). Aufgrund des Rücktritts vom Versuch des Grunddelikts entfällt auch der Anknüpfungspunkt für die Qualifikation. Somit erlangt der Täter auch Strafbefreiung bezüglich der schweren Folge. Allerdings bleibt die Strafbarkeit wegen der im Versuch enthaltenen und bereits vollendeten Delikte bestehen (Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, Rn. 1086; Küper JZ 1997, 229, 232).


Beispiel: A und B wären also nicht gem. §§ 249 I, 251, 25 II, 22, 23 I zu bestrafen.


Kritik: Bei Bejahung der Möglichkeit eines Rücktritts nach Eintritt der schweren Folge wird der Schutzzweck des erfolgsqualifizierten Delikts umgangen (Jäger NStZ 1998, 161 ff.). Nur eine Strafe wegen Versuchs im Ganzen entspricht dem verwirklichten Unrecht am ehesten.















Die Seite wurde zuletzt am 17.4.2023 um 9.53 Uhr bearbeitet.



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