### Tags
Unfall; Irrtum; Verzichtswille; Unfallflucht; unvorsätzlich; Identitätsfeststellung
### Problemaufriss
Sinn und Zweck des [§ 142](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__142.html) ist die Ermöglichung der Identitätsfeststellung des Schädigers durch den Geschädigten für eine spätere zivilrechtliche Abwicklung des eingetretenen Schadens. Es handelt sich um ein Vermögensgefährdungsdelikt individualschützender Art (Leipziger Kommentar StGB/<em>Herb</em>, 13. Aufl. 2021, § 142 Rn. 1). Es ist anerkannt, dass ein Verzicht der Unfallbeteiligten und Geschädigten möglich ist. Die Frage, wie sich ein Irrtum über das Vorliegen eines Verzichts auswirkt, hängt maßgebend davon ab, welche Rechtsnatur der Verzicht hat.
**Beispiel:** A beschädigt den Wagen des B, als er ihm an der Ampel mit geringer Geschwindigkeit auffährt. B ist schwerhörig und hält den Stoß, den er spürt, für einen Defekt der Kupplung. A deutet dem B daraufhin, rechts ranzufahren, was B jedoch als freundlichen Gruß missversteht und zurückwinkt. B stellt jedoch später bei Betrachtung des Schadens fest, dass er niemals auf die Abwicklung verzichten wollte. A unternimmt nichts weiter. Strafbarkeit nach [§ 142](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__142.html)?
### Problembehandlung
**Ansicht 1:** Eine Auffassung ordnet den Verzicht als **Einverständnis** ein und lässt somit den Tatbestand entfallen. Überwiegend werden zur Wirksamkeit des Verzichts die Einwilligungsregeln herangezogen, sodass auch etwaige Willensmängel des Verzichtenden beachtlich sind (Rengier Strafrecht BT II, 22. Aufl. 2021, § 46 Rn. 30). Die irrige Annahme eines solchen Verzichts würde einen Tatumstandsirrtum([§ 16](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__16.html)) darstellen (<em>Fischer</em> StGB, 68. Aufl. 2021, § 142 Rn. 30; Satzger/Schluckebier/Widmaier/<em>Ernemann</em> StGB, 5. Aufl. 2020, § 142 Rn. 54; Leipziger Kommentar/<em>Herb</em>, § 142 Rn. 70).
**Ansicht 2:** Nach anderer Auffassung stellt ein Verzicht eine **Einwilligung** dar. Der Täter unterläge in diesem Fall einem Erlaubnistatumstandsirrtum, wenn er fälschlicherweise von einem Verzicht ausgeht (OLG Stuttgart NJW 1982, 2266; Lackner/Kühl/<em>Kühl</em>, 29. Aufl. 2018, § 142 Rn. 33 f.; Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 43. Aufl. 2019, Rn. 1064). Die Rechtsfolgen des Erlaubnistatumstandsirrtum sind [umstritten](/problemfelder/at/irrtum/rw/etbi/).
**Kritik:** Entfällt das Feststellungsinteresse des Berechtigten durch einen Verzicht, wird dem Tatbestand bereits schon damit die unrechtsbegründende Substanz genommen (Leipziger Kommentar/<em>Herb</em>, § 142 Rn. 70; *Fischer* StGB, § 142 Rn. 30).