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Wann ist eine Aussage falsch?







Tags


Falschaussage; subjektive Theorie; objektive Theorie; Pflichtmodelltheorie; Aussage; Zeuge


Problemaufriss


Über den Begriff der falschen Aussage herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Feststeht, dass eine Aussage jedenfalls dann falsch ist, wenn Inhalt und Gegenstand der Aussage nicht identisch sind. Umstritten ist, was hierbei der maßgebende Gegenstand ist.


Beispie l: Zeuge Z sagt vor Gericht unter Eid aus, er habe den T am 2.2.2017 gesehen. Tatsächlich hatte er ihn jedoch am 2.3.2017 gesehen, die Daten in seiner Aufregung jedoch irrtümlich verwechselt. Z war überzeugt, die Wahrheit zu sagen, aber hätte bei ausreichendem Nachdenken den Irrtum erkennen können. Fraglich ist, ob er den Tatbestand des § 154 erfüllt hat.


Problembehandlung


1. Ansicht: Nach der subjektiven Theorie ist eine Aussage falsch, wenn sie dem Vorstellungsbild und dem Wissen des Aussagenden widerspricht Eine Zeugenaussage ist keine reale Tatsache, sondern lediglich die Vorstellung von dieser Tatsache. Nur diese Vorstellung, nicht hingegen die objektive Wirklichkeit, ist daher vom Zeugen abrufbar (RGSt 61, 159 f.).


Kritik:  Durch die subjektive Theorie ist § 160 kaum zu erklären und lässt für § 161  nur noch einen außerordentlich geringen Anwendungsbereich (Schönke/Schröder/*Bosch/Schittenhelm,*30. Aufl. 2019, Vorbemerkungen zu §§ 153 ff. Rn. 6). Zudem würde sich der Aussagende auch dann strafbar machen, wenn er objektiv wahr, aber entgegen seines Vorstellungsbildes aussagt. Solch eine Konstellation ist in der Regel als Versuch zu werten, der jedoch für § 153 gerade nicht unter Strafe steht (Rengier Strafrecht BT II, 22. Aufl. 2021, § 49 Rn. 7).


2. Ansicht: Nach der herrschenden objektiven Theorie ist eine Aussage falsch, wenn sie nicht in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit steht (BGHSt 7, 147; OLG Koblenz NStZ 1984, 551; Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht BT II, 10. Aufl. 2012, § 75 Rn. 16; Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT I, 43, Aufl. 2019, Rn. 756.). Dies wird durch einen Vergleich zwischen dem Aussageinhalt und der objektiven Sachlage (Wirklichkeit) ermittelt. Auch in §§ 164, 263 wird die Falschheit objektiv bestimmt (Rengier Strafrecht BT II, § 49 Rn. 8).


Kritik: Nach § 64 StPO hat der Zeuge nach "bestem Wissen" auszusagen. Ein Eid kann somit nur falsch i.S.d. § 154 sein, wenn der Aussagende das Gesagte selbst für falsch hält, mag er auch zufällig die Wahrheit gesagt haben. Zwar ist es richtig, dass nur eine objektive Falschaussage die Rechtspflege konkret gefährdet, jedoch ist auch eine Aussage wider besseren Wissens gefährlich, da sie die Gefahr enthält, die Rechtspflege irre zu führen (umfassend Otto Strafrecht BT, 7. Aufl. 2005, § 97 Rn. 8 ff.).


3. Ansicht:  Verschiedenen Pflichtmodellen zufolge ist eine Aussage dann falsch, wenn der Aussagende durch diese seine prozessuale Wahrheitspflicht verletzt hat, er also in seiner Aussage nicht über das Wissen berichtet, dass er durch seine Erinnerung hätte produzieren können (Otto JuS 1984, 161).


Kritik: Gegen diese Ansicht spricht, dass hier eine Sorgfaltspflichtverletzung mit dem Tatbestandsmerkmal "falsch" gleichgesetzt wird. Ob eine Aussage "falsch" i.S.d. § 154 ist, ist klar davon zu unterscheiden, ob eine Aussage sorgfaltswidrig zustande gekommen ist (Systematischer Kommentar StGB/Rudolphi [Juni 1997], Vor § 153 Rn. 42; Studienkommentar StGB/Joecks/Jäger, 12. Aufl. 2018, Vor § 153 Rn. 7).















Die Seite wurde zuletzt am 17.4.2023 um 14.03 Uhr bearbeitet.



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