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Reparaturfähigkeit der schweren Folge







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Schwere Körperverletzung; entstellt; dauerhaft; dauernd entstellt; Zahnersatz; Prothese; Implantat


Problemaufriss


Gem. § 226 I Nr. 3 Var. 1 wird wegen schwerer Körperverletzung bestraft, wer sein Opfer als Folge einer Körperverletzung in erheblicher Weise dauernd entstellt. Das Kriterium der Dauerhaftigkeit erfordert, dass das Aussehen des Opfers endgültig oder für einen unbestimmt langwierigen Zeitraum beeinträchtigt wird (Rengier Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 15 Rn. 22).


Umstritten ist aber, wie eine Konstellation zu behandeln ist, in der das Aussehen des Opfers mit Mitteln der ärztlichen Kunst wiederhergestellt werden kann.


Beispiel 1: A schlägt dem B derart fest ins Gesicht, dass dieser zwei Schneidezähne verliert. Die Zahnlücke kann aber durch entsprechenden Zahnersatz unauffällig geschlossen werden.


Beispiel 2: Ehemann M versetzt seiner Frau F mehrere Messerschnitte in das Gesicht. Die hierdurch entstandenen Narben können durch eine Schönheitsoperation beseitigt werden.


Problembehandlung


Ansicht 1: Nach früherer Rspr. des BGH blieben derartige Möglichkeiten, die Entstellung durch kosmetische Eingriffe oder Operationen zu beheben oder zu mindern, außer Betracht (BGH NJW 1962, 1067, 1068; NJW 1967, 297). Dem Täter dürfe nicht zugutekommen, dass der Fortschritt der medizinischen Wissenschaft und deren technische Hilfsmittel eine durch ihn schuldhaft verursachte erhebliche Entstellung weitgehend beseitigen kann.


Kritik: Für das Vorliegen einer erheblichen Entstellung ist alleine das äußere Erscheinungsbild entscheidend (vgl. Eisele Strafrecht BT I, 4. Aufl. 2017, Rn. 354). Dieses ist nach einem derartigen Eingriff aber nicht mehr beeinträchtigt.


Ansicht 2: Nach h.M. sei eine dauernde Entstellung ausgeschlossen, wenn diese durch einen dem Betroffenen zumutbaren Eingriff behoben werden kann. (Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf Strafrecht BT, 5. Aufl. 2015, § 6 Rn. 61; Eisele Strafrecht BT I, Rn. 354; Wessels/Hettinger Strafrecht BT I, 40. Aufl. 2016, Rn. 293).


Kritik: Das Unrecht der Tat wird nicht dadurch geringer, dass die Entstellung durch Mittel der ärztlichen Kunst behoben werden kann.


Ansicht 3: Darüber hinaus sei nach der neueren Rspr. des BGH sogar ausreichend, dass beispielsweise eine Zahnlücke durch eine Zahnprothese verdeckt werden kann (BGH NJW 1972, 1143; NJW 1978, 1206). Auch eine solche stelle das äußere Erscheinungsbild wieder her.


Kritik: Eine derartige Prothese behebt die Entstellung lediglich zeitweise, da sie nach dem Ablegen wieder sichtbar wird (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB, 29. Aufl. 2014, § 226 Rn. 5).















Die Seite wurde zuletzt am 17.4.2023 um 14.13 Uhr bearbeitet.



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