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Sich-Bemächtigen; Zwei-Personen-Verhältnis; stabile Zwischenlage; stabile Bemächtigungslage; [§ 239a](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html)
### Problemaufriss
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der [§§ 253](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__253.html), [255](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__255.html) im Zwei-Personen-Verhältnis vor, so ist oftmals auch der Tatbestand des [§ 239a I Var. 1](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html), mit seinem stark erhöhten Strafrahmen, seinem Wortlaut nach erfüllt. Sowohl Rechtssprechung als auch Literatur waren seit jeher darum bemüht, den Tatbestand in derartigen Konstellationen einzuschränken.
### Problembehandlung
**Ansicht 1:** Nach der älteren Rechtsprechung war entscheidend, dass der Gewaltanwendung eine Wirkung außerhalb des unmittelbaren Gewaltverhältnisses zukomme (BGHSt 39, 334 f.).
**Kritik:** Eine Außenwirkung kann im reinen Zwei-Personen-Verhältnis nicht gegeben sein. Damit berücksichtigt diese Ansicht nicht hinreichend die vom Tatbestand genannte Sorge des Opfers um sein eigenes Wohl.
**Ansicht 2:** Nach einer älteren Literaturansicht sollte dem Problem deshalb auf Konkurrenzebene begegnet werden: [§§ 253](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__253.html), [255](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__255.html) gingen demnach als mildere Gesetze dem strengeren [§ 239a](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html) im Zwei-Personen-Verhältnis als lex specialis vor, wenn ein Nötigungserfolg nicht vorliegt, der über denjenigen der [§§ 253](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__253.html), [255](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__255.html) hinausgeht (<em>Geerds</em> JR 1993, 424 f.; *Fahl* JURA 1996, 456, 460).
**Kritik:** §§ 253, 255 erfüllen nicht sämtliche Voraussetzungen des [§ 239a](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html), deshalb kann von einem Spezialitätsverhältnis nicht die Rede sein.
**Ansicht 3:** Die neuere Rechtsprechung fordert hingegen eine Zweiaktigkeit des Geschehens. Die durch die Bemächtigung geschaffene Zwangslage müsse für eine zweite Nötigungshandlung ausgenutzt werden ("stabile Bemächtigungslage") (BGH StV 1999, 646; BGH NStZ 2002, 31; BGH NStZ 2006, 448; BGH NStZ 2007, 32). [§ 239a I Var. 1](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html) sei demnach nicht gegeben, wenn Bemächtigungs- und Erpressungshandlung zeitlich zusammenfallen.
**Kritik:** Zwar ermöglicht diese Ansicht eine Einschränkung des Tatbestandes, nicht ersichtlich wird jedoch warum eine derartige Einschränkung nur im Zwei-Personen-Verhältnis gefordert wird. Zwar sind in Dreieckskonstellationen von vornherein mindestens zwei Rechtsgüter (da zwei Opfer) tangiert, jedoch ignoriert diese Ansicht den Willen des Gesetzgebers der durch Einführung eines Zwei-Personen-Verhältnis gerade keine Differenzierung zum Drei-Personen-Verhältnis mehr haben wollte. Diese Ansicht begünstigt zudem denjenigen Täter, der von vornherein mit größtmöglicher Brutalität vorgeht ohne eine "Kunstpause" einzulegen.
**Ansicht 4:** Eine neuere Literaturansicht verlangt, dass das einmal geschaffene Herrschaftsverhältnis über einen gestreckten Zeitraum aufrecht gehalten würde. Nur dann erreiche die Nötigungshandlung eine neue Qualität, die den Strafrahmen des [§ 239a](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html) rechtfertige (<em>Immel</em> Die Gefährdung von Leben und Leib durch Geiselnahme ([§§ 239a, 239b](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__239a.html)), 2001, S. 284; Studienkommentar StGB/<em>Joecks/Jäger</em>, 12. Aufl. 2018, § 239a Rn. 22).
**Kritik:** Zum einen erscheint unklar nach welchen Kriterien eine zeitliche Ausdehnung beurteilt werden sollte, zum anderen kann es nicht überzeugen eine Unrechtsqualität einer Nötigungshandlung allein nach ihrer Dauer zu beurteilen.