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gefährliches Werkzeug; Verwendungszweck; abstrakter Gefährlichkeitsbegriff
Problemaufriss
Ist das Tatbestandsmerkmal des gefährlichen Werkzeugs in § 250 I Nr. 1a mit § 250 II Nr. 1 identisch und welche Voraussetzungen werden an das gefährliche Werkzeug gestellt?
Beispiel: Der Räuber T schlägt seinem Opfer O mit einem Metalltablett auf den Kopf. Ist das Tablett ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 250 II Nr. 1?
Problembehandlung
Ansicht 1: Nach einer insbes. in der Rspr. vertretenen Ansicht ist die Gefährlichkeit in § 250 I Nr. 1a und II Nr. 1 unterschiedlich zu bestimmen: Während in Abs. 1 – parallel zu § 244 I Nr. 1a – ein abstrakter Gefährlichkeitsbegriff zugrunde zu legen sei, lasse sich die Gefährlichkeit in Abs. 2 – analog § 224 I Nr. 2 – nach der konkreten Verwendung bestimmen (BGHSt 45, 249; BGH NStZ 1999, 135; Küper FS Hanack, 1999, S. 569, 579 ff.; Matt/Renzikowski/Maier StGB, 2. Aufl. 2020, § 250 Rn. 32).
Beispiel: Das aus Metall gefertigte Tablett konnte durch den Schlag gegen den Kopf des O dessen Bewusstlosigkeit oder sogar einen Schädelbruch herbeiführen und ist nach dieser Auffassung als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 250 II Nr. 1 zu qualifizieren.
Kritik: Für eine einheitliche Auslegung der Begriffe in § 250 I und II sprechen Wortlaut und Systematik. Gem. § 250 II Nr. 1 reicht eine "Verwendung bei der Tat" aus, um den Tatbestand zu erfüllen. Dies schließt eine Verwendung zur Drohung (vgl. §§ 249 I, 255 I) ein (BeckOK StGB/Wittig, 49. Ed. 2023, § 250 Rn. 12 ff.). Damit ist jedoch eine konkrete Bestimmung wie bei § 224 I Nr. 2 ausgeschlossen, da hier ein Verletzungserfolg mittels des gefährlichen Werkzeugs erzielt werden muss (Fischer StGB, 68. Aufl. 2022, § 250 Rn. 7).
Ansicht 2: Die Gegenansicht verweist darauf, dass es der Gesetzeswortlaut gebiete, in § 250 I und II identische Begriffe des gefährlichen Werkzeugs zu verwenden, so dass die umstrittenen Kriterien abstrakter Gefährlichkeit (vgl. das Problemfeld zum gefährlichen Werkzeug in § 244 Nr. 1a) auch in Abs. 2 Nr. 1 anzuwenden seien (Fischer § 250 Rn. 8a; BeckOK/Wittig § 250 Rn. 16; Rengier Strafrecht BT I, 23. Aufl. 2021, § 8 Rn. 17, 22).
Beispiel:
a) Alle Vertreter einer konkret-subjektiven Auffassung müssen das Tablett als gefährlich einschätzen, da es tatsächlich in gefährlicher Weise verwandt wurde.
b) Verfechter einer objektiven Sichtweise ("Waffenersatzfunktion") (Fischer StGB, § 250 Rn. 8a) scheiden dagegen Alltagsgegenstände (etwa das Tablett) und sog. Scheinwaffen aus, weil sie nicht die generelle Gefährlichkeit waffenartiger Objekte aufweisen.
Die Seite wurde zuletzt am 28.11.2022 um 12.28 Uhr bearbeitet.
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