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Strafvereitelung; Vollstreckungsvereitelung; Zahlung einer Geldstrafe; Vermögenseinbuße; Strafvollstreckung; Umgehungsmöglichkeit
Problemaufriss
Gem. § 258 II begeht derjenige eine Strafvereitelung, der die Vollstreckung einer verhängten Strafe bzw. Maßnahme vereitelt. Unter Vereiteln ist dabei jede Besserstellung des Täters hinsichtlich der Strafvollstreckung zu verstehen.
Problematisch sind Fälle, in denen ein Dritter eine Geldstrafe für den Täter zahlt und die Strafvollstreckungsbehörde daher längere Zeit gegen den tatsächlich Verurteilten nicht vollstreckt.
Problembehandlung
Ansicht 1: Nach einer Ansicht sei hier eine Strafbarkeit nach § 258 II zu bejahen. Der Täter solle durch die auferlegte Geldstrafe eine Vermögenseinbuße erleiden. Zahlt nun ein Dritter die Geldstrafe an die Gerichtskasse, so entfalle der angestrebte Strafzweck. Die ersparten Aufwendungen bedeuteten daher eine Besserstellung des Täters, womit eine Vollstreckungsvereitelung i.S.d. § 258 II vorliege (Schönke/Schröder/Hecker StGB, 30. Aufl. 2019, § 258 Rn. 29; Leipziger Kommentar StGB/Walter, 12. Aufl. 2010, § 258 Rn. 51; Mitsch JA 1993, 304). Für dieses Ergebnis spreche auch eine Parallele zur Freiheitsstrafe: Wer eine fremde Freiheitsstrafe absitzt, vereitelt die Vollstreckung der Strafe gegen den wahren Verurteilten.
Anders sei hingegen der Fall zu beurteilen, dass der Verurteilte selbst die Geldstrafe zahlt, ihm dieses Geld aber entweder zuvor von einem Dritten hierfür zur Verfügung gestellt wurde oder im Nachhinein erstattet wird (Sch/Sch/Hecker StGB, § 258 Rn. 29).
Kritik: Es erscheint willkürlich, § 258 II auf den Fall anzuwenden, dass ein Dritter direkt an die Gerichtskasse zahlt, während ebendieser Dritte in dem Fall, dass er zuvor an den Verurteilten zahlt und dieser dann seiner Pflicht nachkommt, straflos bleibt. Im Ergebnis wird doch in beiden Fällen die gleiche Wirkung erzielt. Ebenso im Falle eines gewährten Darlehens und späterem Verzicht auf Rückzahlung dessen (Rengier Strafrecht BT I, 21. Aufl. 2019, § 21 Rn. 20).
Ansicht 2: Die herrschende Meinung hält diese Fälle grundsätzlich für straflos (BGH NJW 1991, 990, 992 f.; Systematischer Kommentar StGB/Hoyer [Oktober 2013], § 258 Rn. 21; Fischer StGB, 65. Aufl. 2018, § 258 Rn. 32; Münchener Kommentar StGB/Cramer, 3. Aufl. 2017, § 258 Rn. 35; Rengier BT I, § 21 Rn. 20; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf Strafrecht BT, 3. Aufl. 2015, § 26 Rn. 12). Erforderlich sei eine Einwirkung auf den äußeren Ablauf der Vollstreckung; mit Vollstreckungsmitteln könne jedoch lediglich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags an die Gerichtskasse durchgesetzt werden. Bei Zahlung einer Geldstrafe für einen anderen werde der äußere Ablauf der Vollstreckung daher nicht gestört.
Kritik: Weder der Wortlaut des § 258 II noch dessen Telos erfordern eine derartige Beschränkung des Tatbestandes auf Störung des äußeren Vollstreckungsablaufs. Zudem kann eine präzise Grenze zwischen Störung und Nichtstörung des äußeren Vollstreckungsablaufs kaum gezogen werden. Die Tatsache, dass ähnliche Wirkungen auch auf andere Weise erzielt werden könnten, berechtigt nicht dazu, diese Fälle komplett aus dem Anwendungsbereich des § 258 II herauszunehmen (vgl. Sch/Sch/Hecker StGB, § 258 Rn. 29).
Die Seite wurde zuletzt am 28.11.2022 um 12.28 Uhr bearbeitet.
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