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Bereicherung Zwischenziel







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Bereicherungsabsicht; Ziel; Zwischenziel; Betrug; § 263; unvermeidlich; unerwünscht; Nebenfolge


Problemaufriss


Bereicherungsabsicht liegt zweifelsfrei dann vor, wenn es dem Täter zielgerichtet - wenn auch nicht notwendigerweise ausschließlich - darauf ankommt, sich oder einen Dritten zu bereichern. Demgegenüber herrschen unterschiedliche Auffassungen darüber, inwiefern eine Bereicherungsabsicht auch dann anzunehmen ist, wenn der Täter ein bestimmtes (außertatbestandliches) Ziel anstrebt, dieses aber nur über ein notwendiges, ihn bereicherndes Zwischenziel erreichen kann. Im Kern geht es um die Frage, ob bei der Bereicherungsabsicht des Täters zwischen dem Streben nach (unter anderem) beabsichtigten Zwischenzielen und der Herbeiführung von sicher vorausgesehenen (und daher möglicherweise nicht mehr beabsichtigten) Nebenfolgen unterschieden werden sollte.
Beispiel: A hat eine Karte für ein Konzert. Im Nahverkehrszug stellt A fest, dass er nicht genug Bargeld dabei hat, um ein Ticket nachzulösen. Aus Angst des Zuges verwiesen zu werden und so das Konzert zu verpassen, schweigt A, als der Schaffner mit der Frage, ob noch jemand dazugestiegen sei, vorbeikommt. A wird nicht entdeckt und erreicht das Konzert pünktlich.


Problembehandlung


Ansicht 1: Die herrschende Meinung zieht als entscheidendes Kriterium heran, ob dem Täter der als sicher vorausgesehene Bereicherungserfolg erwünscht oder unerwünscht war. Ob es dabei der Erfolg als Zwischen- oder Endziel anstrebt wird, ist unerheblich. Die Absicht ist daher zu bejahen, wenn es dem Täter auf den Vorteil als erwünschte, innerlich gebilligte Folge ankomme, auch wenn er nur als mittel zu einem anderen Zweck dient. Nicht ausreichend ist hingegen, wenn der Täter die Bereicherung lediglich als "peinliche oder lästige Folge seines Handelns" (BGH, Beschluss vom 23.02.1961 - 4 StR 7/61) hinnimmt, wenn er meint, sein eigentlich verfolgtes Handlungsmotiv nicht anders verfolgen zu können. (Lackner/Kühl/Heger, 30. Aufl. 2023, § 263 Rn. 58; Fischer, 71. Aufl. 2024, § 263 Rn. 190; MüKo-StGB/Hefendehl, 4. Aufl. 2022, § 263 Rn. 1147 ff.)


Kritik: Die Strafbarkeit wird von kaum aufklärbaren inneren Motiven abhängig gemacht, denen sonst auch keine strafbarkeitsbegründende Funktion zukommt. Zum Vergleich: Zündet der Täter sein Elternhaus an, um die Versicherungssumme einzustreichen, hat er das Haus auch dann absichtlich in Brand gesetzt, wenn er dabei großes innerliches Bedauern empfindet. (Rengier JZ 1990, 321, 326). Die Ansicht vermengt darüber hinaus das Handlungsmotiv (Schuldebene) mit dem Absichtsmerkmal (Tatbestandsebene), da die Bereicherung zwar für das Motiv unerwünscht, jedoch (als notwendiges Zwischenziel) innerlich zielgerichtet gewollt sein kann. (LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl. 2012, StGB § 263 Rn. 253)


Ansicht 2: Nach einer Mindermeinung sei die Bereicherungsabsicht der zielgerichtete, motivfreie Erfolgswille. Somit würde der Täter hinsichtlich aller Nebenfolgen absichtlich handeln, die er bei Begehung der Tat als sicher vorausgesehen hat, unabhängig davon, ob der Täter den Bereicherungserfolg als Zwischenziel, Endziel oder bloß als unvermeidliche Nebenfolge angestrebt hat. (Rengier JZ 1990, 321)


Kritik: Diese Ansicht legt den Begriff der Absicht als dolus directus 2. Grades aus, was weder mit dem Wortlaut noch mit der strafbarkeitsbeschränkenden Funktion des Absichtsmerkmals vereinbar ist. (NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, 6. Aufl. 2023, § 263 Rn. 355)


Ansicht 3: Nach einer vermittelnden Mindermeinung sei die Bereicherungsabsicht des § 263 sei wie sonst auch als zielgerichtetes Wollen der Tatbestandsverwirklichung zu verstehen, wobei zwischen Haupt- und Nebenfolgen differenziert werden müsse und die Bereicherungsabsicht nur die Hauptfolgen umfasse. Hauptfolgen seien dabei alle Bereicherungserfolge, die der Täter als Endzweck oder als notwendiges Zwischenziel ansieht, ungeachtet dessen, ob sie für ihn erwünscht oder unerwünscht sind. Eine Nebenfolge sei dagegen zu seiner (außertatbestandlichen) Zielerreichung nicht erforderlich, sondern ein bloßer Begleitumstand der Tat. (NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, § 263 Rn. 355)




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Die Seite wurde zuletzt am 27.2.2024 um 15.19 Uhr bearbeitet.



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