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Verwirklichung bei objektiv verkehrsgerechtem Verhalten







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Normgemäß; normgemäßes Verhalten; verkehrsgerecht; Verkehrsregeln; Gefährdung; intern; BGH


Problemaufriss


Tatbestandlich wird § 315b nur von den in Abs. 1 Nr. 1-3 genannten Eingriffen erfüllt; eine irgendwie geartete Straßenverkehrsgefährdung genügt nicht (Beck’scher Online-Kommentar StGB/Kudlich, 35. Ed. 01.08.2017, § 315b Rn. 5). Grundsätzlich handelt es sich dabei um Eingriffe in den Verkehr von außen, sogenannte verkehrsfremde Eingriffe. Als Teilnehmer des fließenden Verkehrs kann ausnahmsweise tatbestandlich handeln, wer sein Fahrzeug mittels grober Einwirkung auf den Verkehrsablauf von einigem Gewicht, in verkehrsfeindlicher Absicht bewusst zweckwidrig („pervertiert“) und – nach Auffassung der Rechtsprechung (BGHSt 48, 237) – mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz einsetzt (Lackner/Kühl/Heger StGB, 29. Aufl. 2018, § 315b Rn. 4).


Fraglich ist, ob diese Voraussetzungen auch dann erfüllt sind, wenn der Täter trotz allem rein äußerlich verkehrsgemäß handelt.


Beispiel: A fährt auf eine Kreuzung zu und setzt den Blinker nach links, sodann bremst er plötzlich vor einer Tankstelleneinfahrt auf der linken Seite vor der Kreuzung scharf ab. Dieses Verhalten entspricht objektiv der Verkehrssituation. B fährt A von hinten auf. Genau dies wollte A herbeiführen. Strafbarkeit des A?


Problembehandlung


Ansicht 1: Nach einer Auffassung ist § 315b bei äußerlich verkehrsgerechtem Verhalten nicht erfüllt (BeckOK/Kudlich, 35. Ed. 01.08.2017, § 315b Rn. 20, 21; Wessels/Hettinger Strafrecht BT I, Rn. 979).


Beispiel: A hat sich mangels verkehrswidrigen Verhaltens nicht nach § 315b strafbar gemacht.


Kritik: Ein Verhalten, das die Schädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers bezweckt, verstößt stets gegen § 1 II StVO und ist mithin verkehrswidrig (BGH NJW 1999, 3132).


Ansicht 2: Der BGH bejaht hingegen die Tatbestandsmäßigkeit solchen Verhaltens, sofern der Täter mit Schädigungabsicht handelt; entscheidend ist mithin die innere Einstellung des Täters, wobei eine billigende Inkaufnahme des Schadensereignisses nicht ausreichen soll (BGH NJW 1999, 3132).


Beispiel: Sofern A den Auffahrunfall gerade provozieren wollte, hat er sich nach § 315b I Nr. 3 strafbar gemacht.


Kritik: Eine Bejahung des Tatbestands bei äußerlich verkehrsgerechtem Verhalten liefe auf eine Bestrafung des bloßen bösen Willens hinaus, was ferner dem Umstand widersprechen würde, dass das Verhalten den Fällen der in Nr. 1 und Nr. 2 geschilderten Tathandlungen „ähnlich“ und „ebenso gefährlich“ sein soll. Zwar mag ein solches Verhalten gegen die Generalklausel des § 1 II StVO verstoßen, nach welcher „kein Anderer geschädigt“ werden darf; jedoch ist diese Formel zu vage, um vor dem Hintergrund des Art. 103 II GG eine Strafbarkeit zu begründen (BeckOK/Kudlich, § 315b Rn. 20, 21 f.).















Die Seite wurde zuletzt am 18.4.2023 um 10.17 Uhr bearbeitet.



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